BVB / FREIE WÄHLER tritt der jüngst in der Presse kolportierten und auch im Landtag thematisierten angeblichen Unbedenklichkeit der Abschaltung von Kohlekraftwerken entgegen
„Das Bundeswirtschaftsministerium“ habe ein Gutachten herausgegeben, wonach die Abschaltung von 7 GW (Gigawatt) an Kohlekraftwerken kein Problem darstelle und die Netzstabilität sogar verbessere, so der grüne Landtagsabgeordnete Axel Vogel in einer Kurzintervention in der Landtagsdebatte am 16. November 2017. Tatsächlich war das Schreiben nicht „vom Bundeswirtschaftsministerium“ oder der Bundesnetzagentur veröffentlicht worden, sondern lediglich von einigen Mitarbeitern auf dem Briefkopf des Bundeswirtschaftsministeriums verbreitet worden. Wohl mit dem Ziel, den Grünen bei den Koalitionsverhandlungen zu helfen.
Schon nach kurzer Zeit wurde sowohl durch das Bundesministerium für Wirtschaft als auch durch die Bundesnetzagentur bekannt gegeben, dass es sich ausdrücklich nicht um eine offizielle Stellungnahme handelte, sondern um die Position einiger Mitarbeiter, die ohne Abstimmung verbreitet wurde. Inhalte des Papiers wurden dementiert bzw. kritisiert. Ein Sprecher der Bundesnetzagentur: „Das Papier enthält politisch zugespitzte Formulierungen […] Der Strompreis an der Börse dürfte durch die Angebotsverknappung steigen.“ Eine Kritik, die aber zu spät kam, um noch in der ursprünglichen Berichterstattung Berücksichtigung zu finden.
Für BVB / FREIE WÄHLER ein Anlass, die reale Situation und Plausibilität der kurzfristigen Abschaltungen in Brandenburg anhand von Zahlen zu erklären und hierzu Position zu beziehen.
Deutschlandweiter Energiebedarf und Energieproduktion aus Windkraft und Photovoltaik im Vergleich – Bedarfsdeckung ist nicht möglich
Regionale Stromausfälle wären vorprogrammiert, wenn der regionale Strombedarf und die Regionalen Kraftwerkskapazitäten stark voneinander abweichen. Denn mangels Netzkapazität können Kraftwerke an einem Ende der Republik nicht den Bedarf am anderen Ende der Republik decken.
In Brandenburg und Berlin existieren in Summe 2.445 MW installierte Leistung an Gaskraftwerken. Ein Teil davon ist mangels Effizienz nicht für den Dauerbetrieb geeignet, etwa die reinen Spitzenlastkraftwerke in Thyrow (186 MW) und Ahrensfelde (152 MW). Vor allem in Berlin sind viele der Gaskraftwerke als Heizkraftwerke ausgelegt. Im Sommer gäbe es nicht genügend Abnehmer für die Abwärme. Für eine Dunkelflaute wäre der Großteil dieser bestehenden Gaskraftwerke nur eine teure, ineffiziente Notlösung.
Hinzu kommen rund 800 MW an sonstigen nicht wetterabhängigen Kraftwerken (Biomasse, Biogas, Müllverbrennung…). Nur diese sind auf Dauerbetrieb bzw. Grundlast ausgelegt. In Summe stehen somit etwa 3.250 MW nicht wetterabhängiger Nennleistung zur Verfügung. Der Großteil davon ist jedoch nicht für langfristigen Grundlast- oder Mittellastbetrieb geeignet. Der Strombedarf von Berlin und Brandenburg beträgt wochentags tagsüber jedoch ca. 4.000 bis 4.500 MW. Auch die Nachbarbundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen hätten ohne Kohlekraftwerke bei „Dunkelflaute“ ein massives Versorgungsdefizit und könnten Berlins und Brandenburgs Versorgungslücke nicht ausgleichen.
Fazit:
In Brandenburg und Berlin gäbe es ohne Kohlekraftwerke bei Dunkelflaute regelmäßig Stromausfälle. Für den Bau von neuen Reservekraftwerken ist aufgrund der langen Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeiten mit einem Vorlauf von mindestens 5, realistischerweise eher 10 Jahren zu rechnen. Eine kurzfristige Abschaltung der Kohlekraftwerke in Brandenburg ist daher schon aus Sicht der Versorgungssicherheit völlig unrealistisch. Zudem wäre eine solche Vernichtung von Arbeitsplätzen in der Lausitz auch sozial nicht zu vertreten. BVB / FREIE WÄHLER lehnt daher die vorzeitigen Abschaltung der Brandenburger Braunkohlekraftwerke ab. Die Umstellung muss gut geplant sein, kurzfristiger Aktionismus und extreme Forderungen helfen nicht weiter.