Baupläne für Höchstspannungsleitung im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin durch Bundesverwaltungsgericht gestoppt
Der Bau der Höchstspannungsleitung durch die Schorfheide ist vorerst gestoppt. So entschied heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. „Die Richter sahen Mängel bei der Berücksichtigung des Naturschutzes. […] Die Leipziger Richter gaben damit den Klagen der Umweltschutzorganisation NABU sowie zwei privaten Grundstückseigentümern recht. Diese hatten unter anderem bemängelt, dass die Stromtrasse durch sensible Vogelschutzgebiete führe und Alternativen wie Erdkabel nicht ausreichend geprüft worden seien.“, so der RBB.
Das Urteil bestätigt unsere bereits mehrfach in Kleinen Anfragen, Pressekonferenzen, Anträgen und Parlamentsdebatten vertretene Ansicht, dass die Landesregierung in Brandenburg eine einseitig auf die Interessen der Windkraft ausgerichtete Politik fährt und dabei Natur- und Artenschutz sowie die Anwohner ignoriert.
Rechts: Die Höchstspannnungsleitung soll quer durch das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin verlaufen. Karte:RBB
Doch eben die Rücksichtnahme auf den Artenschutz wäre bei diesem Projekt dringend geboten gewesen, denn die Überlandleitung soll quer durch das Biosphärenresvervat Schorfheide-Chorin führen und damit durch ein Vogelschutzgebiet mit gesamteuropäischer Bedeutung. Das Reservat ist einer der wichtigsten Rückzugsräume für Fischadler, Seeadler und Schreiadler in Deutschland. Letztere sind dabei in der Bundesrepublik akut vom Aussterben bedroht. Von rund 130 Paaren im Jahr 2003 ist der Bestand inzwischen auf deutlich unter 100 Brutpaare gefallen. Dass unter diesen Voraussetzungen die Strecke als Oberlandleitung genehmigt wurde und eine Erdverkabelung oder Alternativrouten nicht ernsthaft in Erwägung gezogen wurden, spricht eine deutliche Sprache. Wir hoffen, dass dieses Urteil zu einem Umdenken bei der Landesregierung führt.
Wir gratulieren zudem dem NABU zu diesem Erfolg. Der NABU ist einer der Umweltverbände in Deutschland, die den Erhalt bedrohter Arten nicht dem überzogenen Ausbau der Windkraft oder dem damit verbudenen Netzausbau unterordnen wollen. In einer großen, am 15. Januar 2016 in der taz geschalteten Anzeige wurde der hierfür NABU angegriffen und behauptet, die Erneuerbaren betreiben Artenschutz. Umgekehrt wurde die Bedrohung von Arten durch den Windkraftausbau geleugnet.
Diese von der Windkraft-Lobby finanzierte Anzeige erschien am 15.01.2016 in der taz
Verantwortlich für die Anzeige war das „Aktionsbündnis für Artenschutz durch Erneuerbare – Diffamierungen durch NABU stoppen“. Tatsächlich stehen hinter dem Verein nicht etwa besorgte Natur- oder Artenschützer, sondern für diese Kampagne haben sich 70 Windkraftunternehmen zusammengetan, denen der Artenschutz bei ihren Bauplänen im Wege steht. Wir sehen das heutige Urteil auch als eindeutigen Fingerzeig, wer in diesem Konflikt zwischen NABU und Windkraft-Lobby recht hat. Reaktion des NABU auf die Anzeige in der taz: „In den Methoden hat sich ein Teil der Branche längst der Atom- und Kohle-Lobby angenähert.“
Dieser Einschätzung können wir nur zustimmen. Wir hoffen, dass Journalisten und Bürger erkennen, dass die Windkraftindustrie in erster Linie eben nicht aus Menschenfreunden, Natur- und Umweltschützern besteht, sondern aus gewinnorientierten Unternehmen, die auf die Maximierung des Gewinns ausgelegt sind. Hinweise auf das EEG, die Energiewende und den Klimaschutz dürfen nicht das kritische Denken vernebeln. Denn allzu oft werden sie von der Windkraftindustrie und ihren Vorkämpfern als argumentativer Freifahrtschein für Subventionsverschwendung und Verstöße gegen Natur- und Anwohnerschutz missbraucht.
Robert Soyka
Landespolitischer Sprecher für Umwelt und Naturschutz
Hinweis zum laufenden Volksbegehren „Rettet Brandenburg“:
Wälder vor Bebauung mit Windkraftanlagen schützen,
Mindestabstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung erhöhen:
Link zur Online-Beantragung der Briefwahl
Presse:
100 Kraniche sterben in Hochspannungsleitung – MAZ, 20.01.2016