Bericht über die Jahrestagung 2015 des ForschungsVerbundes Erneuerbare Energien (FVEE) von Dr. Helmut Pöltelt
Am 3. und 4. November 2015 fand die Jahrestagung des ForschungsVerbundes Erneuerbare Energien (FVEE) im Umweltforum Berlin statt. Für BVB/FREIE WÄHLER nahm unser Landespolitischer Sprecher für Energieversorgung Dr. Helmut Pöltelt teil.
Die Tagung stand unter dem Motto „Forschung für die Wärmewende“ und war gleichzeitig dem 25. Jubiläum des Forschungsverbundes gewidmet. Der ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) vereinigt 13 Institute und Einrichtungen. An der Jahrestagung nahmen laut Teilnehmerliste 379 Personen teil. Geleitet wurde die Tagung vom Sprecher des FVEE, der gleichzeitig Institutsleiter des Fraunhofer- Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kassel ist.
In 23 Vorträgen stellten die Referenten dar, dass die Energiewende der Bundesregierung ohne eine Wärmewende nicht gelingen könne. Kernpunkt der Wärmewende soll der Einsatz der erneuerbaren Energien Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie für Heiz- und Prozesswärme, Kälte- und Warmwasserversorgung sein.
Die politischen Rahmenbedingungen für die Wärmewende wurden in Grußworten der Ministerien für Wirtschaft und Energie, Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie Bildung und Forschung wiederholt und beschworen. Dass einige dieser Rahmenbedingungen realitäts- und wirklichkeitsfern sind und für die Energiewende genauso untauglich wie für die Wärmewende sind, wurde nicht benannt. Wie mir ein Tagungsteilnehmer aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt im Pausengespräch interessanterweise sagte, wäre die gesamte Tagung bei energiepolitisch richtig gesetzten Rahmenbedingungen überflüssig.
Forschung zur Erhöhung der Effizienz des Einsatzes von Wärmeenergie, die immerhin ca. 60 % des Endenergieeinsatzes ausmacht, in Industrie, Gewerbe, Verkehr und in privaten und kommunalen Haushalten, ist und bleibt jedoch eine wichtige Aufgabe. Das wurde auch in den Redebeiträgen der Referenten deutlich, wobei jedoch permanent auf den notwendigen Förderbedarf für die Forschungen hingewiesen wurde. Dass Forschung Geld kostet, ist eine Binsenweisheit. In den Diskussionen zu den Vorträgen spielte jedoch die Frage nach den Kosten der vorgeschlagenen Forschungsvorhaben und -richtungen wiederholt eine Rolle. Vorgestellt wurde beispielsweise ein kostenoptimiertes Energiesystem für 2050. Auf Nachfrage konnten allerdings keine Angaben über die betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten des Systems gemacht werden.
Vortragsthemen waren unter anderem die Rolle der Wärme im Energiesystem unter Technik- und Systemaspekten, Wärmemarkt, thermische Energiespeicherung, Wärmedämmung, Wärmepumpeneinsatz und Geothermie als Grundlastwärmequelle. Als grundsätzlicher Mangel der Veranstaltung wurde an den Tagungsleiter herangetragen, dass es keinerlei Ergebnisse oder wissenschaftlich-technische Aufgaben- und Zielstellungen gab, die auf die Erreichung der vollen Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien auf dem Wärmemarkt abzielten. Nur so könnte die Wärmewende als Bestandteil der Energiewende einen Beitrag dazu leisten, die Dauersubventionierung des Energiesektors durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu beenden.
Am Rande der Tagung ergab sich die Möglichkeit, den Institutsleiter des IWES, Herrn Prof. Dr. Clemens Hoffmann, darauf hinzuweisen, dass er durch sein Institut eine wissenschaftliche Fehlinformation mit gravierenden politischen Folgen verbreiten lässt.
Es geht um die sogenannte „Glättungsthese“*, die besagt, dass sich die Einspeiseschwankungen von Windstrom umso mehr verringern würden, je stärker die Windkraftkapazitäten ausgebaut werden. Windstrom könne so grundlastfähig werden. Diese These ist nicht nur unter Politikern weit verbreitet, aber falsch und wissenschaftlich widerlegt. Aus diesem Grunde wurde bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft ein förmliches Beschwerdeverfahren gegen das IWES wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens eingeleitet. Wider besseres Wissen wird die Öffentlichkeit vom IWES in Kassel getäuscht.
Der Hinweis wurde von Prof. Hoffmann nicht kommentiert.
Dr. Helmut Pöltelt
Landespolitischer Sprecher Energieversorgung
*Erläuterung der Glättungsthese:
Die Einspeisung einer Windkraftanlage ist abhängig von der Windgeschwindigkeit. Da diese stark schwankt, kann durch Windkraft keine kontinuierliche Leistung sichergestellt werden. Die benötigte Leistung muss daher zu 100% über Reservekraftwerke sichergestellt werden.
Die Glättungsthese geht davon aus, dass durch den Bau zahlreicher im Land verteilter Windkraftanlagen eine Grundleistung garantiert werden könnte. Wenn einige Anlagen gerade keinen Strom liefern, würden gemäß der Wahrscheinlichkeit andere Windkraftanlagen Energie liefern. Folglich würden anteilig weniger Reservekraftwerke notwendig werden, je mehr Windkraftanlagen errichtet werden. Windkraft wäre „grundlastfähig“.
Die Glättungsthese basiert damit auf der Fehlannahme, dass die Windgeschwindigkeiten unabhängig voneinander zufällig sind, was nicht der klimatischen Wirklichkeit entspricht. Denn tatsächlich sind die Windgeschwindigkeiten von der Großwetterlage abhängig und daher stark korreliert. Durchziehende Tiefdruckgebiete bringen Stürme für ganz Mitteleuropa, stabile Hochdruckwetterlagen Flaute für ganz Mitteleuropa. So waren beispielsweise 2014 rund 14.000 MW Windkraft-Nennleistung in ganz Ostdeutschland verteilt. Dennoch lieferten diese im Jahr 2014 sechsmal exakt null MW an Leistung. Auch in ganz Deutschland wurden zeitweise in Summe nur 25 MW Leistung erzielt – gerade einmal 0,06 % der installierten Leistung von 40.000 MW, die sich auf über 300.000 km² verteilen. Auch europaweit sind die Leistungen korreliert.
Selbst unter der Annahme eines unbegrenzt leistungsfähigen Verbundnetz und idealer Verteilung der Windkraftanlagen sind folglich Reservekraftwerke von annähernd 100 % der installierten Nennleistung notwendig.