Fehlende Abdeckung bei Breitband, Mobilfunk und mobilem Internet – Kommunikations-Infrastruktur im ländlichen Raum auf aktuellen Stand bringen!
Am 17.06. fand die Sitzung der Enquete-Kommission in Schlieben / Elbe Elster statt. Dort konnte man vor Ort die Probleme des ländlichen Raums erleben. Eines der großen Probleme: die mangelhafte Kommunikationsinfrastruktur. Ganze Orte sind ohne Mobilfunk-Empfang. Mobiles Internet ist außerhalb der großen Orte kaum verfügbar. Und eine Breitband-Internetanbindung ist auf den Dörfern eine Seltenheit. Das würgt Innovationen ab und behindert moderne Unternehmen. Auch die IHK sieht dies als Standortnachteil für Brandenburg.
Es gab zwei konkrete Beispiele, die die Enquete-Kommission besuchen durfte. Das eine war die Grund- und Oberschule Ernst Legal in Schlieben. Diese ist eine Pilotschule für E-Learning. Der Unterricht erfolgt teilweise am Computer. Unterrichtsstoff und Aufgaben sind online verfügbar. Kranke Schüler können so zu Hause dem Unterricht folgen und Stoff nachholen. Zudem gibt es ein beaufsichtigtes Chat-Programm. So können die Schüler gemeinsam lernen, sich gegenseitig helfen und zusammen Hausaufgaben machen, auch wenn sie über hunderte Quadratkilometer verteilt sind.
Zumindest in der Stadt Schlieben selbst funktioniert dies auch, denn die kleine Stadt hat Breitband-Internet verfügbar. Aber die Schüler kommen aus 46 verschiedenen Orten. Und in vielen kleinen Orten gibt es kein Internet. Viele Schüler können die modernen Möglichkeiten der Schule zu Hause gar nicht nutzen. Vor allem die Schüler, die am abgelegensten wohnen und die daher am meisten davon profitieren würden.
Auch für Unternehmen ergeben sich Probleme, so etwa für eine Softwarefirma in Schlieben mit zwei Dutzend Mitarbeitern. Sie benötigt eine Standleitung zur Betreuung ihrer Kunden. Breitband wäre da sinnvoll. Aber das Firmengebäude liegt 500 Meter außerhalb von Schlieben. Das Breitband endet jedoch im Ort. Über das Kupferkabel kommen bei den Distanzen die Daten nur mit Modem- Geschwindigkeit an. Somit ist die Firma im Ort, die es am dringendsten braucht, weiterhin vom Breitband abgeschnitten. Sie muss derzeit auf teure Funk- und Satellitenverbindungen zurückgreifen. Die Firma würde sich daher auch selbst finanziell am Bau der Leitung beteiligen. Doch für die letzten 500 Meter fühlte sich in den letzten Jahren keiner der Ansprechpartner zuständig.
Zudem gibt es vor allem im ländlichen Raum noch immer zu viele Funklöcher, und mobiles Internet ist nur eine seltene Ausnahme, ganze Orte sind nicht erreichbar. Das hat Konsequenzen für die Wirtschaft. Außendienstmitarbeiter können nicht koordiniert werden, und Kleinunternehmer und Handwerker können keine drängenden Aufträge annehmen, da sie nicht erreichbar sind. Bei den Unternehmen standen daher flächendeckende Abdeckung mit Breitband-Internet, Mobilfunk und mobilem Internet in Schlieben ganz oben auf der Liste der notwendigen Verbesserungen.
Die Frage, ob dies angesichts der geringen Bevölkerungsdichte überhaupt möglich ist, wurde durch einen Besuch der Enquete-Kommission in Spanien geklärt. Dort besuchte man die Provinz Cuenca mit einer Bevölkerungsdichte knapp unter 12 Einwohnern/km² sowie die am dünnsten besiedelte Provinz Spaniens, Soria. Letztere hat weniger Einwohner als Cottbus, ist aber über 10.000 km² groß bei einer Bevölkerungsdichte knapp unter 9 E/km². Zum Vergleich: Elbe-Elster hat 55, die Uckermark 39 und die Prignitz 36 E/km²! Trotzdem gibt es in Soria in den abgelegenen Dörfern Mobilfunk und mobiles Internet. Die Provinz Soria hat heute trotz Spanien-weiter Wirtschaftskrise mehr Einwohner als vor 15 Jahren.
Was in noch deutlich dünner besiedelten Regionen des von der Finanzkrise gebeutelten Spaniens möglich ist, muss auch in Brandenburg möglich sein. Die Landesregierung soll sich also nicht hinter Ausflüchten verstecken, es sei nicht möglich, weil die Bevölkerungsdichte zu gering sei. Es ist nicht weiter hinnehmbar, dass die Bürger und Unternehmen im ländlichen Raum Brandenburgs mit einer Kommunikationsinfrastruktur auskommen müssen, die der Zeit um zwei Jahrzehnte hinterherhinkt!
Die Landesregierung hat flächige Abdeckung mit Breitband mehrfach versprochen. Beispielsweise verkündete Matthias Platzeck Anfang 2009 „Breitband bis Ende 2009 für alle verfügbar“. Das war vor 7 Jahren! Erreicht wurde es nicht. Tatsächlich liegt Brandenburg bei der Breitband-Verfügbarkeit stets auf einem der letzten Plätze. Anfang 2016 war es erst in 51,3 % der Haushalte verfügbar. Für 2018 plant die Landesregierung 75 % Breitband-Abdeckung in Brandenburg. Für den ländlichen Raum besonders schlecht. Denn er erhält eine Breitband-Verbindung üblicherweise zuletzt. Auch 2018 wird nach den Plänen der Landesregierung daher nur etwa jeder zweite Brandenburger im ländlichen Raum Zugang zu Breitband haben. Wenn weiter so langsam gearbeitet wird, werden die verlegten 50 Mbit-Systeme veraltet sein, ehe die letzten Brandenburger darauf zugreifen können.
Und die Bundesregierung? Vor rund einem Jahr hat Minister Dobrindt deutschlandweit 100 % Breitbandabdeckung bis 2018 versprochen. Wie passt das zusammen? Wenn 2018 Deutschland 100 % Breitbandabdeckung hat, kann Brandenburg nicht nur 75 % haben!
Unsere Forderung:
Die Landesregierung muss die Bundesregierung in die Pflicht nehmen, das Versprechen vollständiger Abdeckung bis 2018 einzulösen. Bis 2018 sollten nicht 75 %, sondern möglichst 100 % der Bürger die Möglichkeit dazu haben. So, wie es von Landes- und Bundesregierung seit Jahren versprochen wurde!
Die Landesregierung hat sich zudem in Spanien und Österreich zu erkundigen, wie es dort gelingt, auch abgelegene Regionen mit Mobilfunk zu versorgen. Aus diesen Informationen ist ein Konzept zu erstellen, wie die flächendeckende Abdeckung mit Mobilfunk und mobilem Internet auch in Brandenburg gewährleistet werden kann.
Hierfür sind bei Bedarf auch Landesmittel einzusetzen. Und wenn Sie jetzt fragen: Wo soll das Geld herkommen? Wenn die Bürger im ländlichen Raum die Wahl haben, Millionen Euro für die Kreisgebietsreform oder für die Abdeckung mit Mobilfunk, mobiles Internet und Breitband einzusetzen, dürfte klar sein, wofür sich die Bürger entscheiden würden. Und die Kommunikationsinfrastruktur hätte mit Sicherheit pro eingesetztem Euro erheblich mehr positive wirtschaftliche Effekte, zumal durch sie erst wirkliche Maßnahmen zur Steigerung der Verwaltungseffizienz möglich sind, wie etwa E-Government. Sonst müssen die Verwaltungsmitarbeiter auch 2020 nahezu alle Anträge in handschriftlicher Form annehme
n, mühsam entziffern und per Hand abtippen.
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