Klimaschutz-Konferenz in Paris führt zu unrealistischen Forderungen und Programmen – Was kommt auf die Bevölkerung zu?
Die UN-Klimakonferenz hat im Dezember 2015 in Paris mit 195 Staaten der Welt einen Klimavertrag als ambitioniertes Abkommen verabschiedet. Zur Vermeidung einer Klimakatastrophe auf der Erde durch Erhöhung der Temperatur der Erdatmosphäre sollen Maßnahmen ergriffen werden, die diese Temperaturerhöhung auf nunmehr maximal 1,5 Grad Celsius begrenzen. Dazu sieht der Klimavertrag vor, alle Prozesse, die das Treibhausgas Kohlendioxid emittieren, zu beenden. Erreicht werden soll dieses Ziel durch eine „Dekarbonisierung“ der Welt. Das ist gleichzusetzen mit dem Ende aller Verbrennungsprozesse in Motoren, Heizungskesseln und Kraftwerken, wo das CO2 entsteht.
Was bedeutet das für uns praktisch, wenn alle kohlenstoffhaltigen Brenn- und Kraftstoffe durch Ökostrom ersetzt werden sollen?
Um diese Frage zu beantworten, ist am 20.06.2016 eine Studie mit dem etwas sperrigen Titel „Sektorkopplung durch die Energiewende“ erschienen. Sektorkopplung bedeutet die Erweiterung der Energiewende über den Stromsektor hinaus auf die Sektoren Verkehr und Heizwärme. Hierzu stellten der Studienautor Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) in Zusammenarbeit mit Greenpeace Energy Berechnungen an, wie der Energiebedarf Deutschlands allein aus erneuerbaren Energien gedeckt werden könnte und was das für Deutschland insgesamt bedeuten würde.
Um bis spätestens zum Jahr 2040 alle fossilen Energieträger durch Öko-Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu ersetzen, müssen sie jährlich 1320 Terawattstunden erzeugen. Das ist mehr als doppelt so viel, wie im Jahr 2015 einschließlich der fossilen Energieträger an Elektroenergie erzeugt wurde. Die Studie kommt so zu der Schlussfolgerung, dass es notwendig sei, die Wind- und Solarenergie drei bis sechs Mal schneller auszubauen, als die Bundesregierung derzeitig plant. Aussagen darüber, ob das unter den geografisch- meteorologischen Bedingungen in Deutschland überhaupt möglich wäre, enthält die Studie nicht. Auch zu den Kosten dieser Strategie, die aus der Klimaschutzkonzeption der Bundesregierung für Deutschland abgeleitet wurde, gibt es keinerlei Schätzungen.
Um die vollständige Dekarbonisierung im Jahr 2040 zu erreichen, ist ab 2020 ein Verbot des Einbaus neuer Öl- und Gasheizungen sowie von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen erforderlich. Die Produktion von Fahrzeugen mit Benzin- und Dieselmotoren muss ab 2025 eingestellt werden. Im Verkehrssektor wird voll auf Elektromobilität gesetzt. Dazu sollen für den Güterverkehr wichtige Fernstraßen und die deutschen Autobahnen mit Oberleitungen wie bei der Bahn versehen werden. So könnte der gesamte Bus- und Güterverkehr in kürzester Zeit elektrifiziert werden. Dazu fehlen aber noch Konzepte und Kostenschätzungen. Auch die begrenzte Verfügbarkeit von Lithium für Fahrzeugbatterien und Großspeicherbatterien, dessen Reichweite derzeitig zwischen 30 bis 50 Jahre geschätzt wird, blieb unerwähnt.
Der politisch verordnete Tod des Verbrennungsmotors hätte zudem gravierende Auswirkungen auf die deutsche Automobilindustrie, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit, ihre Arbeitsplätze und ihre Standortpolitik. Auch darüber gibt die Studie keine Auskünfte.
Für die vollständige Dekarbonisierung von Strom- und Wärmeerzeugung sowie den Verkehr bis 2040 wird empfohlen, die installierten Leistungen für Oneshore-Windenergieanlagen auf 200 GW, für Offshore-Windenergieanlagen auf 76 GW und für Photovoltaik auf gar 400 GW zu erhöhen. Das läuft auf eine Vollverspargelung und Vollverspiegelung Deutschlands hinaus. Natur-, Umwelt-, Landschaftsschutz und Nachhaltigkeit bleiben auf der Strecke.
Weil der Klimaschutz eine der vier Hauptsäulen der Energiewende darstellt, erscheint es angesichts der aufgezeigten absurden und irrwitzigen Auswirkungen auf das gesamte Land notwendig, eine öffentliche Diskussion parteienübergreifend anzustoßen.
Der landespolitische Sprecher Energieversorgung kann natürlich nicht an wichtigen Fragen vorbeigehen, die von bundespolitischer Seite auf Brandenburg ausstrahlen. Wie realistisch oder irreal diese Zielstellung für Deutschland und somit auch für Brandenburg ist, untermauert nun die Primärenergie-Analyse der AG Energiebilanzen e.V. (DIW, DEBRIV, BDEW) für das 1.Halbjahr 2016.
Die Struktur des Primärenergieverbrauchs in Deutschland zeigt für das 1. Halbjahr 2016 noch immer einen ausgewogenen Energiemix. In Klammern stehen jeweils die Werte für das Vorjahr. Die Primärenergieversorgung Deutschlands wird zu 79,9 % aus fossilen Energieträgern bestritten. Der Beitrag erneuerbarer Energieträger beträgt 13,0 %.
Abb.: Struktur des Primärenergieverbrauchs Deutschlands im 1.Halbjahr 2016 nach Energieträgern
Das soll sich nach dem Willen der Bundesregierung mit der „Klimaschutzkonzeption 2050“ aus dem Hause der Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks gründlich ändern. Durch den Ausstieg aus der Atomenergie wird deren Anteil von 6,5 % komplett ersetzt werden müssen, was Brandenburg jedoch nicht direkt betrifft. Doch auch der Anteil fossiler Energieträger (Öl, Gas, Braun- und Steinkohle) von insgesamt 79,9 % soll vollständig durch erneuerbare Energien ersetzt werden.
Für das Land Brandenburg könnte das bedeuten, dass sich die Anzahl der Windenergieanlagen von 3 551 per 30.06.2016 auf das Fünffache – ca.17 000 Stück – erhöht. Das käme einer Vollverspargelung des Bundeslandes Brandenburg gleich. Wollen das die Brandenburger Bürgerinnen und Bürger wirklich? Ich denke NEIN. Fragen wir unseren Minister für Wirtschaft und Energie, Herrn Albrecht Gerber. Wir werden ihm hierzu in den nächsten Wochen eine Kleine Anfrage stellen.
Dr. Helmut Pöltelt
Landespolitischer Sprecher Energieversorgung der BVB/FREIE WÄHLER