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Lobby-Empfänge einschränken!

24.11.2016 | Windkraft

Praxis der Lobby-Empfänge überdenken – Forderung: Pressebeteiligung und keine Empfänge für privatwirtschaftliche Subventionsempfänger

Lobby ist inzwischen zu einem gängigen Begriff für Interessengruppen geworden, die versuchen, die Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen. Dabei meint der Begriff eigentlich nur ein Vorzimmer oder Empfangsraum. Doch die Empfänge in diesen Vorzimmern sind seit langem eines der wichtigsten Instrumente der Interessengruppen. Bei Rotwein, Sekt und gutem Essen hat man die Gelegenheit, sämtliche Abgeordnete gleichzeitig zu „informieren“ und „ins Gespräch zu kommen“ – vorzugsweise direkt nach der Plenarsitzung, wenn alle Abgeordneten ohnehin im Haus sind.

Das hört sich erst einmal nicht schlimm an, doch natürlich ist diese „Information“ absolut einseitig. So beispielsweise bei der Veranstaltung des Bundesverbandes der Windenergie: Dort wird schon in der Einladung Windkraft in Brandenburg als reine Erfolgsgeschichte verkauft. Unzählige Arbeitsplätze seien im ländlichen Raum entstanden. Dass die Windräder über 99 % des Jahres unbemannt laufen und die wenigen langfristigen Jobs im Wartungsbereich meist von fernen Städten aus bedient werden, erfährt man nicht – ebensowenig von den höchsten Strompreisen Deutschlands und den höchsten Netzentgelten. Erst recht nicht von all den durch diese hohen Strompreise verschwundenen oder gar nicht erst entstandenen Arbeitsplätzen oder den zigtausenden Brandenburgern, die unter den Windrädern vor ihrer Haustür leiden oder die im Volksbegehren gegen die Zerstörung von Wäldern für Windparks protestiert haben. Wir blieben dem Empfang aus Protest demonstrativ fern, andere spielten ein doppeltes Spiel und kündigten dies zwar an, tauchten aber dann dennoch auf.

Der Braunkohle-Konzern und Vattenfall-Nachfolger LEAG legte am folgenden Tag noch eine Schippe obendrauf. Er lud die Abgeordneten sogar unter Ausschluss der Presse ein. Die Öffentlichkeit hat also nicht einmal eine Chance, nachzuvollziehen, was den Politikern auf diesen Veranstaltungen erzählt wurde und welcher Art die Gespräche zwischen Politikern und Veranstalter waren. All das hat in unseren Augen einen faden Beigeschmack.

Unsere Forderung: Lobby-Empfänge müssen Grenzen haben!

  • Der Presse muss die Teilnahme ermöglicht werden. Nur so kann ein Mindestmaß an Transparenz gewahrt bleiben.
  • Privatwirtschaftliche Branchen ohne gemeinnützigen Zweck, die hauptsächlich von staatlichen Subventionen leben, sollten zudem nicht noch Tausende Euro für Lobbyarbeit im Landtag ausgeben dürfen. Sonst stellt sich die Frage, warum sich „subventionsbedürftige“ Branchen solche Ausgaben leisten können.
  • Wo offensichtlich ist, dass das wirtschaftliche Interesse der Veranstalter direkt von den Entscheidungen im Landtag abhängt, sollte der Landtag ebenfalls auf Lobby-Empfänge verzichten. Ein Beispiel sind Windkraft- und Braunkohleindustrie, die auf das Wohlwollen bei der Ausgestaltung der Energiestrategie und der Ausweisung von Windeignungsgebieten oder Tagebauen angewiesen sind.

Gefälligkeiten von Entscheidungsprofiteuren an Entscheidungsträger zu unterbinden, ist dabei keine utopische Forderung. Anders wird es in der Verwaltung auch nicht gehandhabt: Hier gilt schon ein angenommenes Essen eines Antragstellers durch den Bearbeiter als Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit. Bei der erheblich wichtigeren Gesetzgebung sollte dies nicht anders sein. Doch mit diesen Forderungen stachen wir in ein Wespennest. Faktisch alle Parteien wollen sich weiter von den Lobbyisten gratis bewirten lassen: CDU und SPD, aber auch Linke und Grüne verteidigen pauschal jeden Lobby-Empfang. 

Ursula Nonnemacher, Fraktionsvorsitzende der Grünen, rechtfertigte gar die von der Presse abgeschirmte Lobby-Veranstaltung der Braunkohle-Industrie. Sie ließe sich nicht von „einem halben Käsebrötchen beeinflussen“. Dass es in Wirklichkeit meist Rotwein, Sekt, Gänseleber, Rindsfilet und dergleichen sind, die auf solchen Veranstaltungen gereicht werden, entfiel ihr in dem Moment offenbar. Um von unseren Forderungen abzulenken, wurde zudem der irreführende Eindruck vermittelt, wir wollten Empfänge der Freiwilligen Feuerwehren verbieten, obwohl wir in der Pressekonferenz explizit gesagt haben, dass die Einschränkungen nur für gewinnorientierte privatwirtschaftliche Unternehmen und nicht für gemeinnützige Einrichtungen gelten sollen.

Argumentiert wird auch, dass die Ausrichtung von Lobby-Empfängen ja jedem offen steht. Bloße Theorie, denn in der Realität wartet man vergeblich auf Lobby-Empfänge der Betroffenen von Fluglärm, Braunkohletagebauen, Windkraftanlagen und Altanschließerbeiträgen. Die Wahrheit ist, dass sich nur finanzstarke Lobbyverbände tausende Euro leisten können, um 88 Abgeordnete stundenlang zu bewirten. Die entsprechende Lobby braucht „nur“ gutes Essen, Rotwein und Sekt zu spendieren, schon hat sie stundenlang die ungeteilte Aufmerksamkeit nahezu aller Abgeordneten.  Bürgerinitiativen können hingegen sogar stundenlang vor dem Parteitag protestieren und werden dennoch von den Politikern fast komplett ignoriert. Klar, dass die Bürger bei so viel demonstrativer Bürgerferne und Chancenungleichheit sauer werden. Daher ist für uns klar: Die Möglichkeit, sich die Aufmerksamkeit der Politiker mittels Geld zu erkaufen, muss eingeschränkt werden: sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene, wo gerade erst der Skandal aufkocht, dass man sich mit ein paar tausend Euro gewerbsmäßig Minister und Abgeordnete der SPD mieten kann.

Presseecho:
Freie Wähler kritisieren Praxis der Empfänge im Landtag – RBB 22.11.2016

Im Landtag Kritik an Lobbyempfängen – SVZ / Nordkurier 22.11.2016

BVB/Freie Wähler kritisieren Praxis der Empfänge im Landtag – dpa (u. a. erschienen in MOZ, Berliner Morgenpost, Berliner Zeitung, Focus online, BILD, …)

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