Die Ansiedlung der Tesla Gigafactory in Grünheide ist erfreulich. Doch die Probleme sollten nicht ausgeblendet werden.
Alle freuen sich über die Ansiedlung von tausenden Industrie-Arbeitsplätzen. Allerdings muss man das Projekt auch unter die Lupe nehmen. Elon Musk ist kein Messias, und nicht alles, was behauptet und angekündigt wird, stimmt. Folglich muss man stets prüfen. Eine Frage beschäftigte seit Tagen alle in Deutschland: Warum siedelte sich Tesla in Grünheide an? Es gab viele Behauptungen, doch so manches stellte sich bei einer näheren Betrachtung nur als PR-Aussage heraus.
Eine Analyse der Standortfaktoren der Gigafactories 1 bis 4 zeigte, worauf es Elon Musk und Tesla bei der Standortwahl wirklich ankommt.
Gutes Image der Region
Die erste beiden Giga-Factories entstanden in Reno und Buffalo, Zwein Städten mit je etwas mehr als 200.000 Einwohner. Reno wirbt mit dem Motto „Größte Kleinstadt der Welt“, während Buffalo als runtergekommene Rust-Belt-Stadt gilt. Weltweiten Ruhm hat keine der beiden Städte. Ein weiterer Fakt: Tesla hat 2018 angebotene Fabrikstandorte innerhalb Berlins abgelehnt. Offensichtlich ist das Image von Berlin also nicht so wichtig. Die Aussage war wohl ehr ein Versuch, sich bei der Bevölkerung einzuschmeicheln.
Tesla kam wegen der vielen Windkraft
Diese Aussage von Ministerpräsident Dietmar Woidke er käme wegen der Erneuerbaren Energien wurde später von Windkraft-nahen zu „Er kam mit der Windkraft“ umgedichtet. Die Aussage lässt sich in englischsprachigen Presseartikeln nirgends finden, stammt also offensichtlich nicht von Musk selbst sondern. Auch der Energiemix der andere 3 Standorte zeigt eine andere Sprache:
- Nevada: 2/3el Erdgas + etwas Photovoltaik und Geothermie
- New York State: 42% Erdgas, ein Drittel Kernkraft, 20% Wasserkraft
- Besonders extrem: Shanghai: Ca. 80% Kohle, Rest fast komplett Nuklearenergie
Windkraft spielt an keinem Standort im Energiemix eine nennenswerte Rolle, Photovoltaik war nur in Nevada relevant. Selbst dort in der Wüste hat Tesla nur 10% der eigenen, riesigen Dachfläche der Gigafactory mit Photovoltaik-Zellen ausgestattet. Und Tesla hat selsbt dort explizit verbilligte Energielieferungen als Teil des Subventionspaketes vereinbart. Bei der Aussage, die Windkraft habe den Ausschlag gegeben handelt es sich offensichtlich um ein PR-Märchen. Selbst wenn nur „Erneuerbare Energien“ gemeint wäre, hätte in Shanghai nie eine Ansiedlung erfolgen dürfen.
Verkehrsanbindung
Alle Gigafactories haben im Umkreis von 30 km einen Internationalen Flughafen. Zudem haben alle innerhalb von 4 km Autobahn und Eisenbahn. Diese Infrastruktur scheint also sehr wichtig zu sein.
Großes Grundstück
Alle Grundstücke wurden Tesla extrem kostengünstig überlassen. In Nevada wurden der Firma sogar 4 km² geschenkt. Ob das in Grünheide auch so wird wollen wir mit einer Kleine Anfrage klären.
Subventionen Standort
In Nevada erhält in Summe rund 1,5 Mrd. $, in Buffalo sind es etwa 750 Mio. $. In Shanghai wurde das Freihafengebiet wurde auf Standort ausgedehnt, der daraus resultierende Steuer- und Zollvorteil war nicht zu ermitteln. In Nevada wurden 294 Millionen $ Steuererlass gewährt, von denen 20 Millionen $ anschließend zum Discount-Preis an Casinos in Las Vegas weiterverkauft wurden.
Wie wird es in Grünheide? Gerüchte gibt es viele, wir wollen mit einer Kleinen Anfrage Klarheit schaffen.
Subventionen für Elektrofahrzeuge
Sowohl China als auch Deutschland fördern den Kauf von Elektrofahrzeugen massiv. Das dürfte die Standortentscheidung für die beiden Gigafactories mit Elektrofahrzeug-Produktion beeinflusst haben.
Vorhandene Fachkräfte aus Automobilbranche
Dies scheint bei Gigafactories mit Fahrzeugproduktion Rolle zu spielen. Doch warum nicht in Süddeutschland zwischen den Hauptwerken und Hauptquartieren von Mercedes, BMW und Audi…
Lohnniveau
Das Median-Haushaltseinkommen in Reno liegt rund 1/4el unter dem US-Schnitt. In Buffalo liegt es sogar 60% unter dem US-Schnitt. Auch Brandenburg liegt beim BIP 28% unter dem Bundesschnitt. In der westlichen Welt wurden offensichtlich Standorte mit niedrigem Lohnniveau gesucht. Der Standort in Shanghai ist eine Ausnahme, da das Lohnniveau in China ohnehin niedriger ist, zudem war wohl der Freihafen-Status wichtiger.
Interessant ist auch die Zahl der angekündigten Jobs und der tatsächlich entstehenden: An den beiden Standorten in den USA entwickelte sich die Zahl der Jobs langsamer als erwartet.
Dennoch sollte das Land den umliegenden Kommunen helfen, die Infrastruktur vorzubereiten, Verkehrsanbindungen und ÖPNV zu Standort zu schaffen.
Unsere Forderungen:
- Brandenburg sollte die Ankündigungen mit Vorsicht genießen und uns nicht blind darauf verlassen.
- die Förderung muss an konkrete, sinnvolle Bedingungen geknüpft werden, um Missbrauch und Verschwendung zu vermeiden.
- die Kommunen müssen bei der Ansiedlung personell und Finanziell unterstützt werden.
Dokumente:
Übersicht über die Standortfaktoren für die Tesla Gigafactories 1 bis 4
Presseecho:
Tesla Investor auf dem Prüfstand – MOZ, 20.11.2019
Brandenburg ist „kein wilder Osten“ – Schweriner Volkszeitung, 20.11.2019
Erst Tesla, jetzt Microvast: Brandenburg ist heiß begehrt – Nordkurier, 19.11.2019