Geplante Klimaabgabe: Bundes-SPD und Landes-SPD beharken sich mit falschen Argumenten
Zwischen dem Bundesvorsitzenden der SPD, Sigmar Gabriel, und der SPD-geführten Landesregierung Brandenburgs ist ein Kampf um die geplante Klimaabgabe entbrannt. Während Gabriel als Bundesminister für Wirtschaft und Energie eine Klimaabgabe für Braunkohlekraftwerke einführen will, ist die Landesregierung dagegen. Sigmar Gabriel argumentiert mit Klimazielen. Die Landeregierung mit Arbeitsplätzen in Brandenburg. Beide liegen mit ihren Argumenten falsch.
Es ist anzunehmen, dass die Abgabe nur so hoch angesetzt wird, dass die Braunkohleverstromung nicht defizitär wird. Denn sonst würden die Betreiber die Anlagen schließen, wodurch für weite Teile Deutschlands keine Versorgungssicherheit mehr bestehen würde – mit verheerenden Folgen für den Industriestandort Deutschland. Allein in der Lausitz würden plötzlich 7.000 MW Leistung fehlen. Dies kann auch die Bundes-SPD nicht wollen. Man kann also von einer moderaten Abgabe ausgehen, die kurz- und mittelfristig die Braunkohlekraftwerke nicht gefährden wird. Die Kraftwerke laufen also in jedem Fall weiter, samt Arbeitsplätzen und CO2-Ausstoß.
Aktuell deckt Braunkohle praktisch die gesamte Grundlast in Ostdeutschland sowie Teilen der alten Bundesländer. Alternativen sind selbst für einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren nicht in Sicht:
Sonne und Wind sind wetterabhängig. Dies wird um so problematischer, je größer ihr Anteil am Energiemix wird. Ohne gewaltige Speicherkapazitäten ist eine überwiegend aus Windenergie und Photovoltaik gespeiste sichere Versorgung mit Elektroenergie nicht möglich. Diese Speicherkapazitäten existieren jedoch nicht und sind in den nächsten 10 – 20 Jahren wohl auch nicht zu erwarten (siehe auch unsere noch unbeantwortete Kleine Anfrage). Folglich wären gewaltige Reservekapazitäten anderer Energiequellen notwendig.
Für Atomenergie wurde der Ausstieg beschlossen.
Fusionsenergie befindet sich noch immer im Entwicklungsstadium und ist als ökonomisch tragbare Alternative frühestens in 40 Jahren zu erwarten, falls überhaupt.
Biomasse, Wasserkraft und Geothermie haben nicht genug Potential um die Lücke zu schließen.
Öl wäre zu teuer und ist gegenüber Kohle nur ein winziger Fortschritt.
Erdgas ist ebenfalls zu teuer (es konkurriert nicht nur mit Kohle, sondern auch mit subventioniertem und Vorrang erhaltendem EEG-Strom sowie importiertem Atom- und Kohlestrom). Zudem müssten unzählige Gaskraftwerke gebaut werden. Angesichts der unsteten deutschen Energiepolitik (Atomausstieg, Klimaabgabe, Brennelementesteuer, abrupte Kürzung bei Einspeisevergütung für Photovoltaik) und stark schwankenden Preisen für Erdgas und CO2-Zertifikate dürfte es schwer sein, ohne Garantien und finanzielle Anreize Investoren zu finden. Langfristig könnte es als Reserve für die volatile Einspeisung aus Windkraft und Photovoltaik dienen.
Die Braunkohle wird uns daher notgedrungen noch eine ganze Weile begleiten. Auch mit einer moderaten Klimaabgabe bleiben die Arbeitsplätze in der Lausitz zumindest für einige Jahrzehnte erhalten. Die Zwangsabgabe wird den Strom aus Braunkohle jedoch sofort teurer machen. Und wer das am Ende zahlen darf, ist schon jetzt klar: Der Verbraucher!
Die Frage ist also nicht:
„Klimaschutz oder Arbeitsplätze?“
sondern mangels Alternativen zur Braunkohle
„Extrasteuer auf Braunkohlestrom und höhere Stromkosten oder keine Extrasteuer auf Braunkohlestrom?“
Unsere Position hierzu:
1. Die Einnahmen der vom Minister für Wirtschaft und Energie geplante „Klimaabgabe“ werden mit Sicherheit nicht der Lausitz oder Brandenburg zugute kommen. Die Abgabe wird mangels Alternativen kurz- und mittelfristig auch nicht zu einem nennenswerten Rückgang des CO2-Ausstoßes führen. Die Abgabe wird lediglich die Strompreise für die Verbraucher weiter erhöhen. Daher sind wir gegen diese Abgabe.
2. Sollte dennoch eine Sonderabgabe auf Braunkohlestrom eingeführt werden, darf ihre Höhe den Bestand der Braunkohlekraftwerke nicht gefährden. Zumindest für die nächsten 10 bis 20 Jahre ist ohne Braunkohlekraftwerke in Ostdeutschland keine sichere Stromversorgung möglich.
3. Einnahmen aus einer solchen Sonderabgabe auf Braunkohlestrom müssten in erster Linie Menschen und Umwelt in den Braunkohlerevieren zugute kommen. Sie müssten dort für Umweltschutz (z.B. Bekämpfung der Verockerung der Spree) und Wirtschaftsförderung eingesetzt werden. Mit diesen Maßnahmen gäbe man den Regionen eine Zukunftsperspektive für eine Zeit nach der Braunkohle.
4. Teile der Einnahmen könnten für die Förderung von Gaskraftwerken in den Braunkohlerevieren eingesetzt werden. Diese sind besser regelbar als Braunkohlekraftwerke und daher als Reserve für die Schwankungen von Windenergie und Photovoltaik besser geeignet. Dabei könnten sie die vor Ort bestehenden Leitungskapazitäten nutzen. Langfristig könnten sie die Kohlekraftwerke teilweise oder möglicherweise sogar ganz ersetzen.
Robert Soyka
Landespolitischer Sprecher für Umwelt und Naturschutz BVB / FREIE WÄHLER