Windkraftanlagen in Temnitztal: Landesregierung steht trotz „Mängeln“ im fragwürdigen Schallgutachten auf Seite der Windkraft-Betreiber
Insgesamt 26 Fragen hatten wir zum Schallgutachten des Windparks Wildberg gestellt, der der Gemeinde Temnitztal gegen den Willen der Anwohner aufgezwungen wurde. Eine lokale Bürgerinitiative und die Gemeinde selbst hatten das Schallgutachten bemängelt, woraufhin Péter Vida eine Kleine Anfrage an die Landesregierung stellte. Hierauf hat die Landesregierung nun eine umfangreiche Antwort geliefert.
Auf insgesamt 8 unserer Fragen antwortet die Landesregierung, dass die Messberichte des Schallgutachtens Mängel aufweisen, die einer weiteren Klärung bedürfen. Aufgrund des laufenden Verfahrens könne man sich hierzu aber nicht äußern. Beispiele für die betreffenden Fragen:
– Wie kam es im November zu Abzügen des Messergebnisses wegen angeblichem Dauerlärm durch Vögel, die üblicherweise nur zur Balz/Brutzeit singen?
– Warum war der typischerweise impulshafte Lärm von Windkraftanlagen in Temnitztal laut subjektiver Einschätzung der Gutachter angeblich nicht impulshaft und bekam daher keinen vorgeschriebenen Aufschlag auf das Messergebnis?
– Warum wurde nicht bei höheren Windgeschwindigkeiten gemessen und stattdessen zweifelhafte Hochrechnungen durchgeführt?
– Warum wurden keine Messungen zu tieffrequentem Schall gemacht, obwohl dieser für Windkraftanlagen das Hauptproblem darstellt und die TA Lärm Messungen vorschreibt?
– Warum wurden keine Messungen in den Wohnungen der Anwohner gemacht, obwohl die TA Lärm dies vorschreibt?
Eine weitere Frage war, ob es rechtens ist, dass andere Anlagen gebaut wurden als zuvor zum Zweck der Schallprognose eingereicht und genehmigt wurden. Und falls ja, wie hier Willkür verhindert wird. Auf diese Frage sah sich die Landesregierung gezwungen, ihre Aussagen in einem früheren Schreiben vom 18.04.2016 an die Bürgerinitiative zu korrigieren. Der neue, leistungsfähigere Anlagentyp, der an Stelle des genehmigten Anlagentyps installiert wurde, war dann doch lauter als ursprünglich gegenüber der Bürgerinitiative angegeben.
In anderen Fällen sah man sich gezwungen, sich auf sinnentstellende Rechtschreibfehler zu berufen – etwa wenn statt im Ortsteil Dessow angeblich im 30 km entfernten Ort Dossow gemessen wurde oder eine nicht existierende Windrichtung angegeben wurde. Dass im Messprotokoll auf längst veraltete Vorschriften verwiesen wurde, wurde als nebensächlich und normal abgetan.
Dass sich all diese Fehler und „Mängel“ trotz „gründlicher Prüfung“ durch die Behörden unbemerkt durch das gesamte Verfahren zogen und nie beanstandet oder korrigiert wurden, lässt darauf schließen, dass hier seitens der Behörden schlampig geprüft wurde.
Auch andere Antworten lassen darauf schließen, dass die Verfahren nicht wirklich ernst genommen und gerne zugunsten der Windkraft-Betreiber ausgelegt werden. Zwar würde laut Landesregierung bei „verspäteter“ Meldung des Betreiberwechsels ein Zwangsgeld möglich, doch offensichtlich wird hiervon kein Gebrauch gemacht. Denn konkrete Fristen werden nicht gegeben, die Verpflichtung zur „umgehenden“ Meldung legt die Landesregierung äußerst großzügig aus. Eine geforderte „umgehende Meldung“ wie im Fall von Wildberg erst nach 6 Monaten zu machen, sei „tolerabel“. Hierzu der Landtagsabgeordnete Péter Vida (BVB / FREIE WÄHLER): „Beim kleinsten Bußgeldbescheid hätte der einfache Bürger nach 6 Monaten Tatenlosigkeit längst den Gerichtsvollzieher im Haus. Doch bei Windkraftbetreibern drückt die Landesregierung beide Augen zu.“
Dennoch teilt die Landesregierung nicht die Einschätzung, dass hier durch willkürliche Maßnahmen die Ergebnisse des Schallgutachtens zugunsten der Windkraft-Betreiber und zuungunsten der Anwohner beeinflusst wurden. Zudem sieht die Landesregierung sich nicht zu Maßnahmen veranlasst, derartige Beeinflussungen zu unterbinden. Angeblich wäre der drohende Entzug der Zulassung bei Verstößen Abschreckung genug. Doch wenn diese ebenso gehandhabt werden wie die Auflagen an die Windkraft-Betreiber, haben die Gutachter nichts zu befürchten. Wir werden auf jeden Fall ein Auge darauf werfen, was beim Verfahren gegen das Schallgutachten herauskommt und welche Konsequenzen für den Gutachter hieraus entstehen.