Rot-Rote Landesregierung gibt zu: Windkraft hat Priorität vor Arten-, Natur- und Landschaftsschutz
Anfang April schickte Christoph Schulze die Kleine Anfrage „Die tatsächliche Bedeutung des Arten-, Natur- und Landschaftsschutzes im Land Brandenburg“ an die Landesregierung. Die gegeben Antworten auf die zahlreichen Fragen zeigen, dass diese Themen für die Landesregierung bedeutungslos sind. Wann immer die Natur dem Ausbau der Windkraft im Wege steht, ist es in Brandenburg die Natur, die das Nachsehen hat.
So etwa bei den Abständen für Vögel, die oft durch die Rotoren der Windkraftanlagen ums Leben kommen. Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt, auch der Landesregierung Brandenburgs. Entsprechend wurden in allen Bundesländern Mindestabstände eingeführt. Doch die schrumpften dank der Rot-Roten Regierung in den letzten Jahren deutlich. Umschrieben wurde dies als „Mehr Suchraum für Windenergie“. Und statt klar von der Verringerung der Abstände zu sprechen, umschrieb man den Vorgang euphemistisch als „Veränderung der Tierökologischen Abstandskriterien“. Die Grünen sahen keine Veranlassung, sich konsequent dagegen einzusetzen, ist der Ausbau der Windkraft doch eines ihrer Prestigeprojekte.
Die „Änderungen“ durch die damalige Umweltministerin Anita Tack (Linke) im Einzelnen
Wanderfalke: Der Schutzbereich wurde bei Baum- und Bodenbrütern von 3 km auf 1 km reduziert.
Uhu: Der Schutzbereich wurde von 3 km auf 1 km reduziert.
Baumfalke: Der Schutzbereich von bisher 1 km wurde aufgehoben.
Weißstorch: Der Restriktionsbereich wurde von 4 km auf 3 km reduziert.
Rohrdommel und Zwergdommel: Der Restriktionsbereich ist entfallen.
Wiesenbrüter (Brachvogel, Kampfläufer, Rotschenkel, Uferschnepfe): Schutzbereich um die aktuelle Gebietskulisse ist entfallen.
Wachtelkönig: Der Schutzbereich um die aktuelle Gebietskulisse entfällt.
Birkhuhn und Auerhuhn: Aufhebung des generellen Schutzbereiches. Beschränkung des Schutzbereiches für das Birkhuhn auf das Vogelschutzgebiet Zschornoer Heide. Beschränkung des Schutzbereiches für das Auerhuhn auf Projektgebiete für den Arterhalt bei Finsterwalde und Doberlug-Kirchhain.
Rast- und Überwinterungsplätze Kranich: Der Schutzbereich wurde bei regelmäßig genutzten Schlafplätzen mit einer durchschnittlichen Anzahl von 500 – 1.500 Kranichen von 5 km auf 2 km reduziert.
Kurzum: Wie auch bei den Menschen wird auch den gefährdeten Tierarten mit den Windkraftanlagen immer näher auf die Pelle gerückt. Oft mit tödlichem Ausgang.
Windeignungsgebiete wichtiger als Landschaftsschutzgebiete und Artenschutz?
Die weiteren Fragen beziehen sich vor allem auf das vom Landkreis Teltow-Fläming und der Gemeinde Zossen geplante Landschaftsschutzgebiet Zossener Heide / Wierachteiche. Dieses wird von der zuständigen Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming blockiert – wie Gerüchte sagten, ausschließlich wegen der Planung eines Windeignungsgebietes.
Die Antworten der Landesregierung auf die Fragen zeigten nun, dass die Gerüchte wahr sind. Und dass Arten-, Natur- und Landschaftsschutz für Rot-Rot keine Rolle spielen, wenn sie dem Ausbau der Windkraft im Wege stehen.
Zusammenfassung der Antworten: Die Landesregierung bestätigt, dass das geplante Landschaftsschutzgebiet Zossener Heide / Wierachteiche ein großes, unzerschnittenes Naturraumpotential darstellt. Zudem gibt sie zu, dass auf dem Gebiet zahlreiche Tierarten leben, die auch auf der Roten Liste stehen. „Es kommen beispielsweise folgende Arten vor (die Liste ist nicht abschließend): Ziegenmelker, Heidelerche, Wiedehopf, Neuntöter, Schwarzspecht, Wespenbussard, Kranich, Großes Mausohr, Mopsfledermaus, Zauneidechse, Schlingnatter, Knoblauchkröte, Moorfrosch.“
Auch den Grund der Ablehnung des Landschaftsschutzgebietes bestätigt die Landesregierung: „Im vorliegenden Fall steht die geplante Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes „Wierachteiche-Zossener Heide“ im Widerspruch zu der beschlossenen Ausweisung eines Windeignungsgebietes im Regionalplan 2020 für die Region Havelland-Fläming.“
Christoph Schulze stellte die Frage, warum die Ausweisung von Windeignungsgebi
eten eine höhere Priorität hat als die Bewahrung der naturräumlichen Landschaft.
Antwort Landesregierung: Die [von der Landesregierung beschlossene!] „Energiestrategie 2030 für das Land Brandenburg sieht vor, mehr Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Deshalb sollen ca. 2 % der Landesfläche für die Windenergienutzung bereitgestellt werden. Die Regionalen Planungsgemeinschaften haben den Auftrag erhalten, in Regionalplänen dafür geeignete Gebiete (Windeignungsgebiete) festzulegen.“
Ergo: Windkraft hat Priorität vor Naturschutz, weil Rot-Rot es so beschlossen hat!
Wir stellten die Frage, was die Landesregierung tun wird, um Arten- und Landschaftsschutz wieder eine Bedeutung zu geben. Die Landesregierung verweist auf ihren Koalitionsvertrag: Eine nicht rechtsverbindliche Ansammlung von Wahlversprechen… Mehr muss man dazu nicht sagen.