Keinerlei fraktionsähnliche Rechte – von Rot-Rot angedachter „Gruppenstatus“ ist keiner
6 Monate warteten wir geduldig die unnötig lange „Bearbeitungszeit“ unseres Antrags auf Einführung eines Gruppenstatus ab. Und nutzten die Zeit für das, was uns mit den beschränkten Möglichkeiten und Mitteln als „fraktionslose“ Einzelabgeordnete möglich war. Nun wurde uns das ohne unsere Mitarbeit ausgearbeitete Papier zum Gruppenstatus präsentiert. Doch schon die dort angegebene Zielsetzung war ein Schlag ins Gesicht. „Der einzuführende Gruppenstatus soll es den Mitgliedern der künftigen Gruppe ermöglichen, unterhalb der durch § 1 Absatz 1 Satz 1 des Fraktionsgesetzes definierten Fraktionsmindeststärke zusammenzuarbeiten.„
Die Änderung soll unseren drei Abgeordneten ermöglichen, untereinander besser zusammenzuarbeiten? Mit blumigen Worten redet man um das herum, was wir beantragt haben und uns verfassungsgrechtlich zusteht: Parlamentarische Rechte und die Mittel zur parlamentarischen Arbeit. Denn genau dort bringt uns die nun geplante Änderung der Geschäftsordnung Nichts. Keine Möglichkeit zu Großen Anfragen. Keine Unterstützung durch den Parlamentarischen Dienst. Keine Aktuelle Stunde. Keine Mitarbeit in Unterschungsausschüssen. Keine Mitarbeit in Enquete-Kommissionen. Nichts.
Einzige Verbesserung bei den parlamentarischen Rechten: Mehr Redezeit. Statt bisher 24 Minuten dürften wir 25 Minuten pro Tag reden. Nach 6 Monaten Wartezeit ein geradezu lächerliches Ergebnis. In einer Konferenz in Potsdam informierten Péter Vida daher heute die Presse.
Fahrrad mit Plakat vor dem Landtag – die Regierung sollte sich die Botschaft zu Herzen nehmen
Auch bei der Ausstattung – schließlich braucht man für Gesetzesentwürfe entsprechend qualifizierte Mitarbeiter – sollen wir nicht einmal ansatzweise das Niveau einer kleinen Fraktion erreichen. Dabei ging man nach folgender Logik vor: Wir verleihen ihnen keine Rechte, daher können sie die meisten Aufgaben einer Fraktion nicht wahrnehmen, also brauchen sie auch keine Mittel, diese Aufgaben wahrzunehmen.
Ergebnis: Der eigentlich von der Anzahl der Abgeordneten unabhängige Sockelbetrag einer 3-Köpfigen Gruppe wird gegenüber einer 4-köpfigen Fraktion auf 20% gesenkt. Wohlgemerkt nicht UM 20%, sondern AUF 20%. Nicht nur das: Auch der Kopfzuschlag wird auf 20% reduziert. Was bedeutet, dass ein einziger Abgeordneter der SPD-Fraktion fast doppelt so viel Zulage bringt wie unsere 3 Abgeordneten zusammengenommen.
Die Fraktion der Linken, deren Genossen 1990 im Bundestag trotz wesentlich kleinerem Anteil der Abgeordneten als Gruppe wesentlich besser gestellt wurde als wir jetzt, sollte sich schämen, so etwas zuzustimmen.
Ein Gruppenstatus ist das, was hier vorgeschlagen wird, nur dem Namen nach. Rechtlich bringt er gegenüber dem Status als fraktionslose Einzelabgeordnete keine Verbesserung. Reihenweise wurde im Arbeitspapier über die Empfehlungen der Sachverständigen hinweggegangen. Von den fraktionsähnlichen Rechten, die diese forderten, findet sich keine Spur.
Stattdessen bediente man sich willkürlich bei allen Bundesländern. So kann man am Ende sagen: In diesem Bundesland XY ist diese eine Regelung doch genauso! Und diese ist in jenem Bundesland genauso! Nur in einer Gesamtübersicht wird auf den zweiten Blick sichtbar, dass man jeweils die für die Gruppen ungünstigten Regelungen aus jedem Land übernommen und zu einem Sammelsurium an Nachteilen zusammengebaut hat. Und so die schlechteste Gesamtregelung für Gruppen im ganzen Bundesgebiet zusammengezimmert hat.
Auch den Weg zur Fraktion will man versperren. Immerhin fehlt aktuell nur ein Abgeordneter zu Fraktion mit vollen parlamentarischen Rechten. Also will man die Änderung der Geschäftsordnung gleich mit der Erhöhung der Fraktionshürde verbinden. So heißt es schon in den Zielen: „die parallel diskutierte Anhebung der Fraktionsmindeststärke auf fünf Mitglieder soll dabei unterstellt werden„
Mit der neuen, gegen uns maßgeschneiderten Fraktionshürde ließe sich auch leichter verkaufen, warum wir so viel schlechter gestellt werden als eine Fraktion. Statt einem Abgeordnten fehlen plötzlich zwei zu vollen parlamentarischen Rechten. Eine brilliante machiavellische Idee der rot-roten Regierung. Nur dass die Mathematik nicht mitspielt. Auch wenn die SPD gegenüber der Presse das Gegenteil behauptete: Nach der neuen Regelung könnte es passieren, dass eine Partei mit über 5% in den Landtag einzieht und dennoch nicht genug Abgeordnete für eine Fraktion hat.
Doch es geht noch weiter: Die Besetzung der Ausschüsse wird bisher wie in Brandenburg üblich per Hare/Niemeyer bestimmt. Nun soll das Verfahren auf Sainte-Laguë/Schepers geändert werden. Nur Experten wissen, was das bedeutet: Sainte-Laguë/Schepers bevorzugt große Fraktionen!
Statt die Rechte der Minderheiten zu stärken, versucht die rot-rote Regierung die notwendige Änderung der Geschäftsordnung zu missbrauchen, um uns kaltzustellen und ihre eigene Macht zu stärken. Wir werden die Regelung in der uns präsentierten Form nicht akzeptieren und werden die uns zur Verfügung stehenden Mittel dagegen einsetzen. Nach 7 Jahren Einsatz für die Bürger wird uns das nicht abschrecken. Auch wenn es noch mal 6 Monate dauert…