Intelligente Verwaltungsorganisation
Nachdem wir die Kreisgebietsreform mittels der Organisation eines sach- und fachkundigen Widerstands auf breiter Basis in ganz Brandenburg verhindern konnten, stehen wir natürlich weiterhin für die Schaffung einer modernen und bürgernahen Verwaltung durch eine intelligente Verwaltungsmodernisierung statt einer unnötigen Kreis- und Gemeindegebietsreform.
Die grundlegenden Ziele einer Verwaltungsreform – eine effizientere und bürgernahe Verwaltung – lassen sich durch eine Dezentralisierungsstrategie, der systematischen Nutzung der Möglichkeiten interkommunaler Kooperation und der modernen IT-Technologie im Rahmen von E-Government besser und ohne Verstoß gegen den Willen der Bürger oder die kommunale Selbstverwaltung verwirklichen.
Die Grundprinzipien einer solchen „Verwaltungsstrukturreform“ wären:
- Kooperation vor Fusion und
- Freiwilligkeit vor Zwang
Das weitere Vorgehen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften müsste demnach grob skizziert wie folgt aussehen.
- Wirkliche Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch Schaffung von Anreizen vermehrt zu kooperieren und kontinuierlich zusammenzuarbeiten bei gleichzeitiger Absicherung einer auskömmlichen Finanzierung der durch die kommunale Ebene zu erfüllenden, vom Land übertragenen Aufgaben.
- Wirklich freiwillige Verwaltungsgebietsreformen nur auf sachlich begründeter und transparent nachvollziehbarer Grundlage – also nach einer wissenschaftlich fundierten Auswertung der Ergebnisse der Kreisgebietsreform von 1993/94 und der Gemeindegebietsreform von 2003 vor allem hinsichtlich der Zielsetzung einer Effizienzsteigerung und Kosteneinsparungen der gebildeten größeren Verwaltungen.
- Einräumung eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren für die kommunale Familie für die Einführung und Erprobung der jeweils passenden Möglichkeiten interkommunaler Kooperation im großen Stil (die deutschlandweit schon vielfach praktiziert werden und auf verschiedensten Gebieten erprobt sind) sowie deren Weiterentwicklung unter der zentralen Zielsetzung schneller, effizienter und bürgernäher zu werden.
- Kein pauschales Verbot zur Neugründung von Ämtern.
Auch die Gestaltung und Organisation der öffentlichen Verwaltungen spielt für die Entwicklung unseres Landes eine zunehmend wichtige, unterstützende Rolle. Hier wird BVB / FREIE WÄHLER vor allem darauf achten, dass die bestehenden Verwaltungen nach den neuesten verwaltungswissenschaftlichen Erkenntnissen optimiert und entsprechend strukturiert werden und endlich auch die erforderlichen Ressourcen für den oftmals erforderlichen Transformationsprozess ggf. über ein Förderprogramm bereitgestellt werden.
Weiterhin wollen wir sicherstellen, dass die Erreichbarkeit für die Bürger und Unternehmen gewährleistet wird. Deshalb lehnen wir auch weiterhin eine Verwaltungsgebietsreform mit einer Gemeinde- und Kreisgebietsreform als in Zeiten des Internets unsinnig und nicht zielführend ab und werden interkommunale Kooperationen und den Aufbau von so genannten Backoffices gezielt fördern und unterstützen.
Strukturen der kommunalen Arbeit
Um die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen zu erhöhen, braucht es gerade in Brandenburg in folgenden Bereichen einer neuen Weichenstellung: Intensivierung der Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungs- und Zulassungsverfahren zur frühzeitigen Konfliktvermeidung bei entsprechenden Verwaltungsverfahren.
Dies ist eine wichtige Zielsetzung zur demokratischen Beteiligung an Verwaltungsverfahren wie beispielsweise Planfeststellungsverfahren. Dies könnte in höherem Maße als bisher in einem dreistufigen Beteiligungsverfahren gewährleistet werden und andernfalls oft auftretende langwierige Rechtsstreitigkeiten vermeiden helfen:
1. Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung vor dem eigentlichen Verfahren
Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist die frühe Beteiligung der Öffentlichkeit durch den Vorhabenträger, bei der die betroffene Öffentlichkeit vor Antragstellung über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet sowie ihr Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung gegeben wird.
2. Nicht-förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung
Die nicht-förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung ist die Beteiligung der Öffentlichkeit nach der Antragstellung oder der sonstigen Verfahrenseinleitung, die während eines Verwaltungsverfahrens ergänzend und begleitend zur förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wird.
3. Beteiligungsscoping oder Partizipationsberatung
Das Beteiligungsscoping ist die Untersuchung der Beteiligungsrelevanz durch den Vorhabenträger, der auf Grundlage einer Umfeldanalyse einen Kreis von Vertretern der Nachbarschaft und der vom geplanten Vorhaben betroffenen Belange sowie interessierte Bürger einlädt, um gemeinsam die geeigneten Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung zu entwickeln.
Kommunalaufsicht
Um die Vielfalt im Gemeindeleben abzubilden und häufig vorkommende Rechtsverstöße zulasten von kommunalpolitischen Minderheiten oder betroffenen Bürgern allgemein zukünftig nach Möglichkeit zu verhindern, fordern wir eine signifikante Ausweitung der Zuständigkeiten der Kommunalaufsicht. Diese soll sich bei Rechtsverstößen (etwa bei der Verletzung von demokratischen Mitwirkungsrechten, Transparenzgeboten, Regeln zur Auftragsvergabe) nicht mehr aus Opportunitätsgründen heraushalten dürfen. Verwaltungsgerichtliche Klageverfahren müssen das letzte Mittel sein – bereits vorher müssen rechtsstaatliche Schutzmechanismen der unteren und ggf. oberen Kommunalaufsicht greifen, um beispielsweise die Realisierung von § 29 BbgKVerf (Kontrolle der Verwaltung) wieder zu gewährleisten.
Innere Sicherheit
Der Schutz der Bürger vor Kriminalität hat für BVB / FREIE WÄHLER höchste Bedeutung. In einer demokratischen Gemeinschaft muss Sicherheit und Ordnung zum Wohle aller gewährleistet werden.
Zugleich muss die Balance zwischen Bürgerrechten und Freiheiten auf der einen Seite und Eingriffsrechten und Präventivmaßnahmen des Staates auf der anderen Seite gewahrt werden.
Dabei hat die Achtung der informationellen Selbstbestimmung für uns eine hohe Bedeutung. Dazu gehört ein umfassender Datenschutz. Die europäische Datenschutzgrundverordnung bietet eine gute Grundlage für Bürger und Verbraucher. Doch diese muss auch alltagstauglich gelebt werden. Staatliche Überwachungsmaßnahmen ohne hinreichenden Tatverdacht müssen ausgeschlossen sein und ausgeschlossen bleiben. Online-Durchsuchungen und die Nutzung biometrischer Daten müssen engen Regularien unterliegen, Löschfristen sind zwingend zu beachten.
Eine Erhöhung der inneren Sicherheit sowie die Prävention und Aufklärung von Straftaten kann nur durch eine ausreichende Zahl an Polizisten erreicht werden. Es braucht einen politischen Willen, die Anzahl auf 8.500 zu erhöhen. Die Zentralisierung der Polizeireviere steht der Ortskenntnis entgegen, die für eine schnelle Reaktion auf Sicherheitsrisiken notwendig ist. Die Polizeipräsenz und somit das schnelle Erscheinen vor Ort sind durch angemessene Reaktionszeiten – ähnlich den Hilfsfristen im Rettungsdienst – im ganzen Land abzusichern.
Die Verbesserung der Polizeiausbildung unterstützen wir vorbehaltlos.
BVB / FREIE WÄHLER plädiert für eine Zusammenführung der Aufgaben des Brand- und Katastrophenschutzes mit den polizeilichen Aufgaben vor Ort als Kern für die hauptberufliche Stammmannschaft zur Unterstützung der Einsatzbereitschaft der freiwilligen Feuerwehren insbesondere tagsüber.
BVB / FREIE WÄHLER unterstützt alle Bemühungen, Polizei und Justiz von Alltagsproblemen zu entlasten und gleichzeitig Aufgaben der Ordnungsämter durch gemeinsame Streifen mit zu erledigen. Das hat auch eine Erhöhung der Präsenz vor Ort zur Verbesserung des Vertrauensverhältnisses zwischen Bürgern und Polizei sowie Erhöhung des Sicherheitsgefühls der Bürger zur Folge.
Mit Blick auf das reformierte Polizeigesetz des Landes sagen wir als rechtsstaatlich verpflichtete Bürgerbewegung, dass wir jedem Versuch, die ehrenwerte Arbeit der Polizisten schlechtzumachen, entgegentreten. Zugleich betonen wir die Notwendigkeit einer präzisen Abwägung der Rechtsgüter und Beachtung des verfassungsgerichtlich weiterentwickelten Grundrechtsschutzes.
Wir fordern eine umfängliche Betrachtung extremistischer Strukturen aller Richtungen und eine objektive Beobachtung aller Gegner der Demokratie und des Rechtsstaates.
Justiz
BVB / FREIE WÄHLER spricht sich für eine grundsätzliche Stärkung des Justizwesens aus. Das Bewusstsein für die verantwortungsvolle und umfangreiche Arbeit der dritten Staatsgewalt ist zu schärfen. Sie ist dementsprechend organisatorisch, finanziell und personell auszustatten.
Im Interesse einer bürgernahen Gerichtsdichte sind die derzeit tätigen Amtsgerichte zu erhalten. Eine jahrelange Prozessdauer schmälert die Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen und hilft nicht bei der Konfliktschlichtung. Der lokale Bezug ist auch im Bereich der Rechtsprechung ein erhaltungswürdiger Wert. Zugleich sprechen wir uns für die Beibehaltung der gewachsenen 4 Landgerichtsbezirke aus und unterstützen den Verbleib des Oberlandesgerichts in der Stadt Brandenburg an der Havel.
Die Sicherheit der Bevölkerung ist für BVB / FREIE WÄHLER ein hohes Gut. Auf die Ängste und Empfindungen der Menschen muss eingegangen werden. Es bedarf der Entwicklung nachhaltiger Qualitätskriterien zur Kontrolle der Justizvollzugsanstalten. Im Interesse besserer Straftatenprävention ist eine stärkere Unterstützung und qualitative Ausstattung der Jugendarrestanstalt in Königs Wusterhausen angezeigt.
Im Bereich der Grenzkriminalität werben wir für eine engere Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden und Justizbediensteten. Es sind gemeinsame Lösungen zu finden, die die europäischen Errungenschaften der letzten Jahre nicht in Frage stellen.
BVB / FREIE WÄHLER ist es ebenso wichtig, dass die Bürgerrechte gestärkt und ausgebaut werden. So ist etwa in der täglichen Arbeit der Polizei streng auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Richtervorbehalt in Ermittlungsverfahren zu achten. Es ist nicht hinnehmbar, dass sich in weiten Bereichen eine „gewohnheitsrechtliche“ Grundrechtseinschränkung etabliert, die im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätzen steht.
Zugleich gilt es, Wege zur Entwicklung justizieller Selbstverwaltungsstrukturen zu stärken. Hierdurch sollen die Gerichte in ihrer Arbeitsweise und ihrem Ansehen als unabhängige rechtsprechende Gewalt gestärkt werden. Insbesondere sind die offenkundig parteipolitisch motivierten Besetzungen der Verfassungsrichterstellen durch ein transparentes, unpolitisches Verfahren zu ersetzen. Aus den Erfahrungen der Schöffenwahlen sind zudem konkrete Konsequenzen zu ziehen. Das richterliche Ehrenamt ist zu stärken und die Öffentlichkeit ist über das Auswahlprozedere umfangreicher zu informieren.
Die fortschreitende Verschmelzung der Justizverwaltung mit dem Land Berlin lehnen wir ab. Brandenburg verfügt über eine frische Gesamtstruktur mit vielen motivierten Angestellten und Beamten. Die Justizhoheit muss schon aus rechtsstaatlichen Erwähnungen im eigenen Bundesland verbleiben.
Der Beitrag des Verfassungsgerichts zur Rechtsentwicklung und seine Rolle im Staatsgefüge sind anzuerkennen und auch im Rahmen der allgemeinen und der Rechtsausbildung bewusster zu machen.