Enttäuschende Antwort auf Kleine Anfrage: Landesregierung muss Möglichkeiten zu Zinseinsparungen endlich nutzen
Die Antwort der Landesregierung auf eine detaillierte Anfrage zur Schuldenstrategie des Landes Brandenburg (Kleine Anfrage Nr. 783 von Péter Vida, BVB / FREIE WÄHLER, Landtagsdrucksache 6/1863) hat verdeutlicht, dass die Potenziale der aktuell rekordniedrigen Zinsen noch entschiedener genutzt werden müssen.
Musste das Land Brandenburg im Jahr 2011 für eine zehnjährige Geldaufnahme noch gut 3,5 % Zinsen pro Jahr entrichten, haben sich die Renditen seitdem deutlich reduziert (siehe Abbildung). Derzeit müssen – über sämtliche Laufzeiten hinweg – keine Zinsen über 1 % gezahlt werden. Für kürzere Laufzeiten betragen die Zinskosten aktuell kaum mehr als 0 %.
Dies ist eine einmalige Situation. Denn im derzeitigen Zinsumfeld liegen die Renditen spürbar unterhalb einer mittelfristig zu erwartenden Inflationsrate. Diese Inflationserwartung berücksichtigend liegen die realen Zinsbelastungen des Landes Brandenburg im negativen Bereich. Für die Landesschuld Brandenburgs liefert diese Situation hervorragende Möglichkeiten. Und diese Chance muss nun beherzt ergriffen werden, denn das aktuelle Niedrigzinsumfeld könnte schon in absehbarer Zukunft seinem Ende entgegengehen. Mit einer näher rückenden Zinswende in den USA werden irgendwann auch die Zinsen im Euro-Währungsgebiet wieder steigen. Und dann drohen auch unserem Bundesland wieder spürbar höhere finanzielle Belastungen, wenn nicht aktuell niedrige Zinsen für eine möglichst lange Zeit gesichert werden.
Mit einer Zinsbindungsdauer von 8,4 Jahren unter Berücksichtigung der Zinsderivate des Landes Brandenburg zum Jahresende 2014 weist das Schuldenportfolio bereits eine relativ lange Laufzeit auf. Dies ist grundsätzlich bereits ein Schritt in Richtung Absicherung gegenüber zukünftigen Zinsanstiegen. Jedoch betrachten wir einige Aspekte der derzeitigen Schuldenstrategie sehr kritisch:
- Die erheblichen Anstiege der Zinsbindungsdauer des Schuldenportfolios in den letzten Jahren wurden offensichtlich vor allem durch den Einsatz von Zinsderivaten erreicht. Diese weisen erhebliche Barwertänderungsrisiken auf und müssen gegebenenfalls durch das Land besichert werden.
- Die Emission länger laufender Schuldtitel des Landes Brandenburg wird zurzeit nicht energisch vorangetrieben. So wurde die letzte Benchmarkanleihe mit einer zehnjährigen Laufzeit und einem Volumen von einer Milliarde Euro im Jahr 2011 begeben. Die Emission von Schuldtiteln mit längerer Laufzeit wird momentan gar nicht erst erwogen. Ein echter Beitrag der Emissionstätigkeit zur Verlängerung des Schuldenportfolios ist damit kaum erreichbar.
- Das derzeitige Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) wird nicht in die Überlegungen hinsichtlich der Ausrichtung des Schuldenportfolios des Landes Brandenburg einbezogen. Falls die Anleiheaufkäufe auch auf regionale Emittenten ausgeweitet werden würden, wäre das Land Brandenburg nicht in der Lage hiervon zu profitieren. Vor dem Hintergrund der enormen Größenordnung des EZB-Programms von gut 1,1 Billionen Euro ist diese Haltung fragwürdig.
Das aktuelle Zinstief bietet die Chance, Zinskosten für das Land Brandenburg in einem erheblichen Umfang einzusparen. BVB / FREIE WÄHLER fordert die konsequente Ausrichtung des Schuldenportfolios unseres Bundeslandes auf eine möglichst langfristige Sicherung dieses derzeitig niedrigen Zinsniveaus. Hierzu sollte in stärkerem Maße die Restlaufzeit der Schuldtitel erhöht werden, statt sich stark auf die Nutzung von Zinsderivaten zu fokussieren. Zudem erwarten wir, dass im Falle einer Ausweitung des Ankaufprogramms der EZB Anpassungen an der Emissionstätigkeit erwogen werden, falls sich hieraus Einsparpotenziale ergeben sollten.
Kleine Anfrage „Schuldenstrategie des Landes Brandenburg“, Drucksache 6/1863