„Energiestrategie 2030“ der Landesregierung von SPD und LINKEN komplett gescheitert – Hauptsäulen Braunkohle und Windkraft brechen weg
Tagebau Welzow Süd: Die LEAG (Lausitz Energie Bergbau AG und Lausitz Energie Kraftwerke AG) will keine neuen Braunkohlekraftwerke bauen – um 2050 ist daher wohl Schluss mit der Braunkohleverstromung in der Lausitz
Im Jahr 2012 hatte die Landesregierung von Brandenburg die „Energiestrategie 2030“ verabschiedet. Die Grundfrage war: Was folgt, wenn Jänschwalde – das größte Kraftwerk Brandenburgs – 2030 aus Altersgründen stillgelegt wird? Zwei Hauptsäulen hatte die Energieversorgung laut Strategie der Landesregierung:
1. dauerhafte Fortsetzung der Braunkohle-Verstromung
2. massiver Ausbau der Windkraft auf 10.500 MW.
Drei Grundszenarios mit je zwei Varianten hatte die Landesregierung entworfen:
Das erste Grundszenario plante den Bau von zwei Gaskraftwerken in Premnitz und Wustermark bis 2015 als Ersatz für das alte Braunkohlekraftwerk Jänschwalde, um die Versorgung bei Flaute sicherzustellen. Dieser Plan wurde nur halbherzig verfolgt, keines der beiden Kraftwerke wurde gebaut. Dieser mögliche Entwicklungspfad wurde daher schon vor Jahren aufgegeben.
Das zweite Grundszenario sah ein neues Braunkohlekraftwerk mit CO2-Verpressung (CCS – Carbon capture and storage) vor, das Jänschwalde ersetzen sollte. Auch dieser Plan ist schon seit Jahren obsolet. Vattenfall verzichtete Ende 2011 auf den Bau eines Demonstrationskraftwerks. Wir haben damals schon gegen den Plan zur CO2-Verpressung protestiert und gefordert, stattdessen die Geologen zur Erkundung des Potentials der Tiefengeothermie in Brandenburg einzusetzen. Denn dort gab es wenigstens die Chance, dass ein verwertbares Ergebnis herauskommt. Die Landesregierung pumpte dennoch jahrelang weiter Geld in die Erforschung der CO2-Verpressung, die niemals kommen sollte.
Die Landesregierung verfolgte damit nur noch den letzten Pfad: Jänschwalde wird einfach durch ein neues Braunkohlekraftwerk ersetzt. Doch die Betreibergesellschaft LEAG hat nun vor einigen Wochen verkündet, nach der Stilllegung von Jänschwalde kein neues Braunkohlekraftwerk bauen zu wollen. Somit ist der letzte Plan der „Energiestrategie 2030“ seit einigen Wochen auch obsolet. Alle Szenarien der Landesregierung zur Sicherung der Stromversorgung in Brandenburg sind nicht mehr realistisch.
Die Konsequenzen dieser Entscheidung der LEAG sind jedoch tiefgreifender als viele denken. Dazu kurz die Hintergründe: Warum hat der Vattenfall-Nachfolger LEAG so entschieden? Die privaten Verbraucher subventionieren EEG-Strom, der dank Preisgarantie unabhängig von Börsenpreis und Nachfrage die Netze flutet – wenn denn der Wind weht oder die Sonne scheint. Dies senkt die durchschnittlichen Preise an der Strombörse – insbesondere in Zeiten, wenn der Wind kräftig weht und niemand weiß, wohin mit dem Windstrom. Braunkohlekraftwerke lassen sich dann nicht einfach abschalten. Sie arbeiten in solchen Zeiten mit massivem Defizit. Die Produktion von Braunkohlestrom ist daher nach Berücksichtigung der Abschreibungen kaum noch kostendeckend möglich. Der Betrieb geht nur weiter, weil die Abschreibungen so oder so anfallen und die Kraftwerke in Zeiten mit wenig Wind und Sonne die Stromversorgung sicherstellen müssen.
Bei der Investitionsentscheidung für ein neues Kraftwerk müssen zudem die Kosten der Emissionsrechte berücksichtigt werden. Derzeit spielen diese Kosten des Europäischen Emissionsrechtehandels keine große Rolle. Aufgrund der Wirtschaftskrise in Südeuropa werden dort weniger Zertifikate benötigt und billig auf den Markt geworfen. Es wurden auch zu viele Zertifikate ausgegeben und deren Zahl zu langsam gesenkt. Die Preise bewegen sich nur bei 3 bis 8 Euro pro Tonne. Dies macht für die drei Kraftwerke zusammen ca. 200 – 400 Mio. € im Jahr aus.
Doch langfristig wird die Menge der Zertifikate reduziert. Der langfristige Anstieg der Preise würde vor allem die CO2-lastige Braunkohle verteuern. Die Planung fossiler Kraftwerke erfolgt auf eine Lebensdauer von 50 Jahren. Ein im Jahr 2030 fertiggestellter Ersatzbau für Jänschwalde wäre also eine Planung bis ins Jahr 2080. Somit ist ein neues Braunkohlekraftwerk aufgrund der vermutlich steigenden Kosten für Emissionsrechte ein extremes finanzielles Risiko, das die LEAG nicht eingehen will.
Doch die gleichen Faktoren gelten auch für die beiden anderen Braunkohlekraftwerke in der Lausitz: Schwarze Pumpe und Boxberg. Der Ablauf der Lebensdauer der neuesten Blöcke wird in den 2040er und 2050er Jahren erfolgen. Auch hier wird die LEAG also vermutlich keine Braunkohlekraftwerke als Nachfolger bauen wollen. Somit ist ein Ende der Braunkohleverstromung um 2050 absehbar.
Die Landesregierung kann nun entweder versuchen, den Europäischen Emissionsrechtehandel zu beenden, auch noch die Braunkohle finanziell zu subventionieren oder einfach akzeptieren, dass es keine neuen Braunkohlekraftwerke geben wird. Dies macht eine komplette Neuausrichtung des Energiekonzepts notwendig, insbesondere im Bereich der Sicherstellung der Versorgungssicherheit. Unser Vorschlag hierfür bleibt möglichst der Einsatz von Erdgas durch dezentrale Blockheizkraftwerke in Kombination mit Gas- und Dampf-Kraftwerken als Reserve. Das ist unsere seit Jahren vertretene Position. Auch die Grünen haben sich Anfang 2017 dieser Position angeschlossen und die Utopie der unbezahlbaren und ineffizienten Methanisierungsanlagen über Bord geworfen. Wenn die Grünen jetzt noch den Massenausbau der Windkraft aus ihrem Konzept nehmen, haben sie unser Konzept aus 2015 komplett übernommen.
Mit der Windkraft sind wir bei der zweiten Hauptsäule des Landesenergiekonzeptes 2030. Die Landesregierung plant hierbei noch immer einen Ausbau auf 10.500 MW. Doch auch auf Bundesebene sieht man bei der Windkraft verschiedene Probleme, vor allem im Bereich der aus dem Ruder gelaufenen Kosten und des unzureichenden Netzausbaus. Daher tritt die Bundesregierung bei der Windkraft auf die Bremse.
Im September 2016 wurden deshalb weitreichende Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beschlossen. Wichtigste Änderung: Seit Januar 2017 gibt es keine festen Summen als Vergütung, sondern Ausschreibungen. Wer die niedrigste Vergütung verlangt, bekommt den Zuschlag. Folge: Dank Wettbewerb sind die Windparks für Projektierer keine subventionsgefüllten Goldgruben mehr. Der finanzielle Anreiz für neue Windparks sinkt.
Dies führte zu einer Torschlusspanik bei der Windkraftindustrie: Es gab massenhafte Anträge auf Genehmigung von Windenergieanlagen kurz vor Jahresende. Ziel: Noch schnell 2016 genehmigen lassen, um die garantierten hohen Abnahmepreise zu sichern. Die Landesregierung spielte mit. Im Dezember 2016 wurden mehr Windkraftanlagen genehmigt als sonst in einem ganzen Jahr! Selbst noch am 30. Dezember 2016 wurden Genehmigungen ausgestellt – mit anschließendem Berichtigung
sbescheid, weil man bei der Bescheidung offensichtlich geschlampt hatte.
Offensichtlich wurden die Genehmigungen ohne große Prüfung durchgewunken – anders lässt sich nicht erklären, wie in einem Monat mehr Genehmigungen bearbeitet werden konnten als sonst in einem ganzen Jahr. Offensichtlich hat sich die Landesregierung wieder einmal zum Büttel der Windkraftindustrie gemacht. Während SPD und Linke von der Landesregierung offiziell behaupten, sie seien bemüht, die Kosten der Energiewende für die Bürger niedrig zu halten, wird stattdessen sogar die ordnungsgemäße Prüfung der Genehmigungen vernachlässigt, um der Windkraft-Industrie das Abgreifen höherer Subventionen zu ermöglichen, mit der direkten Folge, dass auch die Netzentgelte weiter steigen – und das alles auf Kosten der Brandenburger Bürger!
Neben dem abnehmenden finanziellen Anreiz gibt es jedoch noch ein weiteres Problem: Die Flächen für Windkraftanlagen werden knapp. Selbst extrem problematische Flächen werden inzwischen als Windeignungsgebiet ausgewiesen, um die überzogenen Forderungen der Landesregierung durchzusetzen – siehe Liepnitzwald im Naturpark Barnim oder Mixdorf-Grunow. Dort wurde erst vor einigen Monaten ein neues Windeignungsgebiet ausgewiesen. Direkt neben einem Vogelschutzgebiet, direkt neben dem Naturpark Schlaubetal – Abstand jeweils null Meter. Dass direkt nebenan bekannte Vorkommen von Tierarten wie Schwarzstorch und Seeadler liegen – jeweils mt 3 km Schutzbereich und bis zu 6 km Restriktionsbereich –, kümmert die Landesregierung nicht weiter. Derweil werden mit Verweis auf „Formfehler“ in den 90er Jahren ausgewiesene Landschaftsschutzgebiete aufgelöst – wie man vermutet, zur vereinfachten Ausweisung von neuen Windeignungsgebieten. Auch streng geschützte Vögel werden immer öfter beseitigt, wenn sie der Genehmigung neuer Windparks im Wege stehen. Vor 5 Jahren hätte man solchen Frevel noch nicht gewagt.
Die installierte Leistung in Brandenburg noch nahezu verdoppeln zu können, wäre somit nur bei völliger Rücksichtslosigkeit gegenüber Artenschutz und Bürgern und unter extrem hohen Folgekosten möglich.
Fazit:
Die Energiestrategie der Landesregierung ist gescheitert. Denn beide Säulen, auf denen sie aufbaut, sind nicht mehr realistisch. Es reicht nicht, das alte Energiekonzept nur in Details abzuändern – was seit Jahren immer wieder versprochen, aber bis heute nicht umgesetzt wurde. Die Landesregierung muss das Energiekonzept 2030 komplett neu aufsetzen!
Erstens muss statt wie bisher mit „Braunkohle in Ewigkeit“ mit dem schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle bis 2050 gerechnet werden. Und nicht, weil wir oder jemand anderes das gern so hätte, sondern weil selbst die LEAG als Betreiber der Tagebaue aus finanziellen Gründen keine neuen Braunkohlekraftwerke mehr bauen will. Wenn klar ist, wieviel Braunkohle noch bis zum Lebensende der drei bestehenden Kraftwerke benötigt wird, kann man definitive Aussagen darüber machen, welche Tagebau-Erweiterungen gebraucht oder nicht gebraucht werden. Dies würde den Menschen in den Tagebaurandgebieten – wie etwa in Welzow – endlich Planungssicherheit geben.
Zweitens muss der Massenausbau der Windkraft beendet werden. Wenn die 2016 genehmigten Anlagen gebaut werden, hat Brandenburg über 7.000 MW installierte Leistung. Aber Brandenburg und Berlin haben nur einen Strombedarf zwischen 2.500 und 4.500 MW. Wir haben schon jetzt mehr als genug Strom, wenn der Wind weht! Unser Problem ist die umweltfreundliche Stromversorgung in windarmen Zeiten. Bezahlbare Stromspeicher im Bereich von Hunderttausenden MWh gibt es nicht – und es wird sie auch in den nächsten 20 Jahren nicht geben! Noch mehr Windkraft zu errichten, ist keine Lösung, sondern schafft nur weitere Kosten und Probleme!