Die Kreisgebietsreform als „alternativlose“ Lösung aller Probleme: SPD-Abgeordneter Daniel Kurth (SPD) auf Märchen-Erzähl-Tour zu Gast in Spremberg
Seit gestern Nachmittag ist es raus, was die Medien seit nunmehr fast zwei Wochen schon unken: Die „Banane“ im Süden Brandenburgs und die geplante Fusion der Landkreise Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming sollen nach den Worten von Innen- und Finanzminister im Anschluss an die Kabinettssitzung ebenso vom Tisch sein wie die Mitfinanzierung der Teilentschuldung aus der kommunalen Verbundmasse des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes (BbgFAG).
Das sind „großzügige“ Gesten der Landesregierung, die aus den scheinbar überquellenden Finanztöpfen ein paar Millionen Euro ins Land wirft, nur um sich selbst etwas Spielraum zu verschaffen, ohne von der hehren Illusion einer landesweiten Reform abzuweichen. Einer Reform, die auch nach der gestrigen Erklärung hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und tatsächlich eintretenden Effekte umstritten bleiben wird, da sie in dieser Form das ständig wachsende Monster Bürokratie weiter nährt.
Was ist gestern geschehen?
Für die Landkreise Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming hat sich der Widerstand gegen die Pläne der Landesregierung gelohnt – sie bleiben selbständig. Dadurch erhofft man sich in der Landesregierung vielleicht eine Schwächung des Widerstandes der Volksinitiative. Das Gegenteil wird jedoch geschehen: Die Fronten verschieben sich lediglich und werden an den verbleibenden „Kampflinien“ durch die neue Situation noch verschärft, beispielsweise die Gegensätzlichkeit der Interessen der Landkreise und kreisfreien Städte in ihrer jetzigen Struktur. Das mag Zufall sein, kann aber durchaus als berechnetes Kalkül der Landesregierung angesehen werden. Durch die gestrigen Statements von Oberbürgermeister Holger Kelch und Landrat Harald Altekrüger in den Medien waren zumindest die Konsequenzen zu erkennen. Ähnliche erste Äußerungen waren aus Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz zu vernehmen.
Die Worte beider Minister in der Pressemitteilung der Staatskanzlei lesen sich wie eine Szene aus Grimms Märchen „Der Wolf und die sieben Geißlein“.
Apropos Märchen:
Auf Einladung des SPD-Ortsvereins Spremberg war – ebenfalls gestern – der Landtagsabgeordnete Daniel Kurth (SPD) im „Bergschlösschen“ zu Gast, um den 25 anwesenden Zuhörern die Wichtigkeit und Richtigkeit der alternativlosen Kreisgebietsreform zu predigen. Der gut gelernte, aber rhetorisch schlecht vorgetragene, mit vielen Beispielen aus dem Barnim und der Uckermark gespickte Vortrag hatte auch so etwas „Märchenhaftes“ an sich: eine schöne Story mit den Guten und – natürlich – den Bösen, und am Ende wird alles gut – dank der prophetisch anmutenden Weitsicht der Landes-SPD.
Eine Antwort auf konkrete Fragen, beispielsweise welche Mehrkosten denn mit der „Reform“ auf den Bürger zukommen werden, blieb Herr Kurth leider schuldig – das war nicht Gegenstand seines Vortrages und stand auch nicht auf dem Handzettel. So leicht ist das wirkliche Leben allerdings nicht. Auch hätte etwas mehr Einfühlungsvermögen in die spezifischen Besonderheiten der Region um Spremberg und der gesamten Lausitz mit ihren gravierenden Strukturproblemen im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg der Veranstaltung und den Teilnehmern gutgetan. Diese Chance war aber bereits zu dem Zeitpunkt vertan, als in Potsdam entschieden wurde, ausgerechnet Herrn Kurth in den äußersten Süden des Landes zu schicken. Jemanden, der sich als Barnimer dort offensichtlich nicht auskennt und nur seine auf Barnim und Uckermark zugeschnittene Rede herunterspulte.
Als Gruppe „BVB / Freie Wähler“ im Landtag Brandenburg werden wir uns gerade wegen des scheinbaren Umschwenkens unvermindert und solange für den Erfolg der Volksinitiative „Bürgernähe erhalten – Kreisreform stoppen“ einsetzen, bis Ministerpräsident Dr. Woidke und die von ihm geführte Landesregierung deren konstruktive Forderungen anerkennt und Bereitschaft signalisiert, sich ohne jegliche Vorbedingungen mit den Vertretern der Volksinitiative zu Gesprächen an einen Tisch zu setzen.