Landesregierung bestätigt auf Kleine Anfrage von BVB / FREIE WÄHLER die Notwendigkeit der Anhörung von Ortsbeiräten
In Brandenburg ist es leider an der Tagesordnung, dass Gemeindevertreter und Ortsbeiträte bei Entscheidungen der Verwaltungen übergangen werden. Von einigen Gemeindeverwaltungen und Hauptverwaltungsbeamten werden die demokratisch gewählten Vertreter nicht als Teil der Bürgerbeteiligung, Entscheidungsfindung und Konfliktvermeidung gesehen, sondern als lästiges Hindernis für die Verwaltung. Viele glauben sich sogar im Recht, wenn sie die Ortsbeiräte übergehen und selbst einige Vertreter der Kommunalaufsicht scheinen diese Ansicht zu teilen.
Doch das Ergebnis dieser Rücksichtslosigkeit besteht meist nicht in einer reibungslosen Beschlussfassung oder Genehmigung. Sondern darin, dass mangels Rückfragen bei der Bevölkerung anwohnerfeindliche und schlecht durchdachte Entscheidungen gefällt werden, sich Bürgerinitiativen gründen, um Schaden von der ansässigen Bevölkerung abzuwenden und sich jahrelang Gerichte mit illegalen Entscheidungen beschäftigen müssen. Im schlimmsten Fall gibt es nur Verlierer, etwa wenn die Bevölkerung jahrelang unter der Fehlentscheidung leiden muss, der Antragsteller am Ende des verlorenen Gerichtsprozesses seine Investition abschreiben muss und die Gemeinde für die rechtswidrig erteilte Genehmigung auf Schadensersatz verklagt wird.
Auslöser für die Anfrage war ein Vorfall in der Gemeinde Seddiner See. Dort wurde am 22. September 2014 in der Gemeindevertretung die Aufstellung eines 80.000 Quadratmeter umfassenden Bebauungsplans für das „Gewerbegebiet am Wasserturm“ beschlossen. Der Schwerlastverkehr würde durch das Wohngebiet gehen, zudem war als Nutzer des Gewerbegebietes auch eine lärmintensive Bauschutt-Schredderanlage im Gespräch.
Der Ortsbeirat wurde vor dem Beschluss zu diesem Großvorhaben in seinem Ortsteil Neuseddin gar nicht erst beteiligt. Die anschließende Beschwerde der Gemeindevertreterin Carina Simmes (BVB/FREIE WÄHLER) wurde von der Kommunalaufsicht ausweichend beantwortet. Zitat: „So ist es natürlich zu empfehlen den Ortsbeirat so früh wie möglich im Verfahren zu beteiligen. Für die Wirksamkeit der Satzung dürfte es jedoch ausreichend sein, den Ortsbeirat vor der Beschlussfassung über die jeweilige baurechtliche Satzung zu hören.“ Kurzum: Man könne den Ortsbeirat auch übergehen.
Dies sind Zustände, die die Ortsbeiräte und Gemeindevertreter nicht länger hinnehmen müssen. Denn nun gab es eine Antwort auf die Kleine Anfrage zur Auslegung der Kommunalverfassung durch BVB/FREIE WÄHLER Landtagsabgeordneten Christoph Schulze. Die Landesregierung bestätigt in ihrer Antwort die Notwendigkeit einer Anhörung der Ortsbeiräte und gibt damit der Kritik durch die übergangenen Ortsbeiräte und Gemeindevertreter vollkommen Recht. Zudem bestätigt sie, dass das Übergehen der Ortsbeiräte zu rechtswidrigen Beschlüssen führt und für beteiligte Hauptverwaltungsbeamte zu einem Disziplinarverfahren führen kann.
Die Kernaussagen der Antwort der Landesregierung:
1. Der Ortsbeirat ist bei wichtigen Entscheidungen anzuhören.
2. Ohne Anhörung des Ortsbeirats sind die Beschlüsse der Gemeindevertretung rechtswidrig.
3. Hauptverwaltungsbeamte haben Beschlüsse zu beanstanden, wenn sie der Auffassung sind, dass diese rechtswidrig sind.
4. Die Verweigerung der Beteiligung der Ortsbeiräte durch Hauptverwaltungsbeamte ist eine Rechtsverletzung und damit ein Dienstvergehen.
5. Bei Verweigerung der Beteiligung der Ortsbeiräte durch Hauptverwaltungsbeamte ist daher ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.
Wer als Gemeindevertreter oder Ortsbeirat Zeuge deratiger Vorgänge wird, kann also zukünftig auf die Antwort der Regierung auf diese Kleine Anfrage verweisen. Das dürfte sicherlich die meisten Hauptverwaltungsbeamten dazu bewegen, den demokratischen, bürgernahen und vor allem rechtmäßigen Weg zu gehen und die Ortsbeiräte anzuhören. So, wie es auch in der Brandenburger Kommunalverfassung vorgesehen ist.
Antwort der Landesregierung auf Kleine Anfrage : Auslegung der Kommunalverfassung II