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BER-Anlieger – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

09.01.2015 | BER

Ärger mit dem Schallschutz und keine Ende – Bei Zweifeln in den Widerspruch gehen

BER klein lang

Christoph Schulze kopieAls im Juni 2012 der Flughafen BER eröffnet werden sollte, war nicht nur die Brandschutzanlage nicht fertig, sondern auch der bauliche Schallschutz für die rund 25.500 Anwohnerhaushalte in den Schutzgebieten war nicht fertig, ja noch nicht mal angefangen. Auch damals schon hätte die Flughafengesellschaft mindestens ein halbes Jahr zuvor die dafür notwendigen Schallschutzunterlagen korrekt berechnet und den Anwohnern ausgehändigt haben müssen. Damit das hätte funktionieren können, sollten bis zum Mai 2011 eigentlich alle Probleme beim Schallschutz für die Anwohner geklärt sein. Nun hat das Jahr 2015 begonnen, der Flughafen ist noch immer nicht in Betrieb und auch beim Schallschutz ist der Umsetzungsstand höchst unbefriedigend und noch immer sind zahlreiche Probleme ungelöst.


Eine Zusammenfassung der Probleme mit Hinweisen für die Betroffenen von Christine Dorn, Eckhard Bock und Christoph Schulze

 

Südbahnnutzung während der Nordbahnsanierung

Auch wenn die Eröffnung des BER insgesamt nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2017 erfolgen soll, drängt beim Schallschutzeinbau doch die Zeit. Denn die Genehmigung zur Nutzung der neuen Südbahn wurde am 11.12.14 bereits erteilt und zwar ab dem 2. Mai 2015 um 5:30 Uhr, mit den Auflagen zum Schallschutz aus dem Planfeststellungsbeschluss. Grund für die Eile ist die geplante Sanierung der Nordbahn des Altflughafens Schönefeld ab Mai 2015. Während der Sanierung soll der gesamte Flugverkehr des Schönefelder Flughafens auf die neue Südbahn ausweichen, womit für die Südbahnanwohner sofort alle Schallschutzregelungen aus dem Planfeststellungsbeschluss greifen und erfüllt sein müssen.

 

Wir sind keine Flughafengegner

Unermüdlich kämpfen die vielen Bürgerintiativen für die Rechte der Bürger. „Wir sind keine Flughafengegner“, erklärt Christoph Schulze, Mitglied des Sonderausschusses-BER des Landtages. “Schönefeld ist nur der falsche Standort“. Aber so lange der Flughafen da steht, und die Landebahnen benützt werden, dann sollten wir aufpassen, dass die Anwohner beim Schallschutz nicht über den Tisch gezogen werden.“ Dass Misstrauen gegenüber dem Flughafen angebracht ist, wurde besonders deutlich, als das Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg 2012 und 2013 bemüht werden musste, um die Genehmigungsbehörde zu zwingen, gegen ein systematisches Unterlaufen der Schutzziele durch den Flughafen aufsichtsrechtlich einzuschreiten. Das Urteil war ein Paukenschlag und eine Zurechtweisung der Landesregierung und des Flughafens, wie man es selten erlebt hat. Aber selbst danach, wurde es trotz Versprechen von Herrn Mehdorn und Politikern nicht besser. Die Bürger haben den Eindruck, dass anstelle des laut verkündeten „weltbesten“ Schallschutzes in Wirklichkeit nur nach Stellschrauben gesucht wird, um die Kosten für den Schallschutz zu minimieren. Auch Änderungen des Verfahrens beim Schallschutzprogramm führen nicht etwa zu mehr Bürgerfreundlichkeit und Großzügigkeit, sondern dienen zur Erleichterung für den Flughafen um die Bürger zu begaunern , z.B. auch der Wechsel von der KEV zur den ASE.

 

Aus einem Vertrag (KEV) wurde eine Mitteilung (ASE)

Früher wurde mit der so genannten Kostenerstattungsvereinbarung (KEV) ein Vertrag zwischen Flughafen und Bürger geschlossen und bedurfte der Unterschrift durch die Bürger. Nunmehr ist die Flughafengesellschaft aber Ende 2013 dazu übergegangen, den Bürgern entsprechende neue Unterlagen zuzuschicken, die nun Anspruchsermittlung (ASE) heißen.

Mit diesen ASE entfällt zum Einen die Mitwirkungspflicht der Unterschriftsleistung durch den Betroffenen. Das ist vom Flughafen beabsichtigt, denn bei den KEV konnte er keine Erledigungszahlen vorweisen, solange sich die Bürger weigerten, durch ihre Unterschrift unter der KEV den angebotenen Vertrag zu akzeptieren. Zum Anderen entfällt bei der ASE auch jede Mitwirkungs- oder Verbesserungsmöglichkeit für die Bürger.

 

Der Flughafen wälzt Risiken auf die Bürger ab

„Mit diesen Anspruchsermittlungen wird den Bürgern eine Zusage gemacht, bis zu welcher Höhe der Flughafen sich selbst !!!! verpflichtet sieht, die Kosten für Schallschutz zu erstatten.“ Die Bürger aber sollen alle Risiken tragen: Sie sollen die Baumaßnahmen beauftragen, sich damit die Ingenieur- und Planungsleistungen aus der ASE mit dem Leistungsverzeichnis zu eigen machen, sollen Bauherr sein, die Bauüberwachung und Bauabnahme verantworten und sich bei Gewährleistungsfragen mit den Baufirmen auseinandersetzen und sind als Auftraggeber auch dann zur Bezahlung der Baufirmen verpflichtet, wenn der Flughafen verzögert oder nicht vollständig zahlt. Der Flughafen wiederum behält sich vor, nur genau die im Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistungen zu erstatten und verlangt schon bei kleinsten Abweichungen teure Prüfzeugnisse, sonst zahlt er nicht“, so Christoph Schulze. Dieses Verfahren bürdet den Bürgern hohe Risiken und Verantwortung auf, die die Bürger weder übernehmen wollen noch können, schließlich sind sie in der Regel keine Baufachleute.

 

Flughafengesellschaft ist leistungsverpflichtet

Im Planfeststellungsbeschlusses jedoch ist festgelegt, dass nicht der Bürger für den Schallschutz sorgen muss, sondern der eigentlich leistungsverpflichtete die Flughafengesellschaft ist. Im Planfeststellungsbeschluss, also der „Baugenehmigung“ für den BER heißt es, die Flughafengesellschaft hat für die „Schallschutzvorrichtungen an den Räumen Sorge zu tragen“. Ob sie ausreichend Sorge getragen hat, wenn Anfang Mai 2015 noch viele Anwohner keinen Schallschutz haben, wird noch zu prüfen sein. Der Kreistag Teltow-Fläming fordert jedenfalls die Landesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Südbahnnutzung erst beginnt, wenn der zu leistende Schallschutz zu ei
nhundert Prozent umgesetzt ist, anderenfalls soll eine Lärmrente monatlich an die ohne eigenes Verschulden ungeschützten Anwohner gezahlt werden. Schön wie sich die Politiker im Kreistag abstrampeln und ihre eigenen Parteien ( SPD und Linkspartei) im Landtag machen genau das Gegenteil.

 

Gravierende Unterschiede zwischen Tag- und Nachtschutz: Korrekte Raumbezeichnung wichtig

Um die notwendigen baulichen Schallschutzmaßnahmen zu ermitteln, begutachten Schallschutzgutachter, die der Flughafen beauftragt und schickt, jede Wohnung individuell. Sowohl bei den Bestandsaufnahmen bei der Wohnungsbegehung, als auch dann in den Schalltechnischen Objektbeurteilungen (STOB) der ASE sollten Sie stets prüfen, ob die erfasste Raumnutzung korrekt ist. Es hat sich leider gezeigt, dass sich die Gutachter der Ingenieurbüros auffallend häufig zugunsten des Flughafens und zulasten der Bürger irren. Wen wunderts. „Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe.“ Sagt schon eine alte deutsche Volksweisheit.

Dadurch, dass die Genehmigungsbehörde im Planergänzungsverfahren zum Nachtflug die Gelegenheit nutzte, das Schutzziel in der Nacht von „keine Überschreitung“ auf „durchschnittlich 6 Überschreitungen“ von 55 dB zu ändern, also zu verschlechtern, sollten Sie sich im Tagschutzgebiet möglichst keine reinen Schlafzimmer einreden lassen. Selbst dann, wenn Sie einen Raum üblicherweise „Schlafzimmer“ nennen, ist er NUR dann mit dem (schlechteren) Nachtschutzziel zu schützen, wenn er NUR zum Schlafen benutzt wird, also außer Bett Nachttisch und Kleiderschrank nicht viel mehr Platz ist. Sobald Sie in diesem Raum auch noch einen Schreibtisch oder Computerarbeitsplatz oder ähnliches nutzen, ist es kein reiner Schlafraum, sondern ein „kombiniert genutzter Wohn- und Schlafraum“. Dieser muss dann auf das (bessere) Tagschutzziel (keine Überschreitung von 55dB) geschützt werden und erhält zusätzlich wie jeder Schlafraum einen Lüfter, weil nachts durch die Flugzeuge bei gekipptem Fenster ein störungsfreier Schlaf nicht möglich wäre. Auch bei Küchen, die kleiner als 10 Quadratmeter sind, gibt es immer wieder Probleme. Sie sollten deutlich darauf hinweisen, dass sie sich dort nicht nur gelegentlich und kurzzeitig aufhalten, sondern auf dem Anerkennen der Wohnnutzung dieses Raumes (z.B. auch durch ein Foto Ihrer Essecke) bestehen. Man merke sich: Absurd aber wahr: Ein Schlafzimmer bekommt schlechteren Schallschutz als ein Wohn- Arbeitszimmer!!!

 

Immer noch ein Problem: Zu niedrige Räume

Haben die Räume geringere Raumhöhen als in der brandenburgischen Bauordnung festgelegt (oftmals ist das bei alten Häusern in Dachgeschossen wie z.B. bei den Gagfah-Häusern der Fall) werden diese von der Flughafengesellschaft ebenfalls nicht als Wohnraum anerkannt. Dabei steht es dem Flughafen gar nicht zu, darüber zu befinden, ob Ihre zum Wohnen genutzten Räume zum Wohnen nutzbar sind oder angeblich nicht. Wenn Sie davon betroffen sind, sollten Sie unbedingt Widerspruch einlegen und sich auf den Bestandsschutz berufen. Im Planfeststellungsverfahren wurde keinem Betroffenen in Aussicht gestellt, dass seine Wohnräume nicht schützenswert sein könnten, weil der Flughafen sie einfach zu mickrig findet. Der Flughafen hat nicht das Recht dazu, er maßt es sich an. Bis er wieder in die Schranken gewiesen wird- wie schon so oft. Deshalb aufpassen, nachrechnen und sich nichts gefallen lassen.

 

Wer noch keine ASE hat, sollte schriftlich nachfragen

Eine andere Tatsache ist, dass zum 1. Oktober 2014, dem Termin an dem alle von der Südbahn betroffenen Bürger eigentlich eine „Anspruchermittlung“ erhalten haben sollten, nur etwa 3.000 diese auch erhalten haben. „Etwa 1.000 Haushalte haben bislang keine „Anspruchsermittlung“ erhalten. Die Flughafengesellschaft hat in der Presse und im BER-Sonderausschuss behauptet, dass dies die Schuld der Bürger wäre, weil diese sich „unkooperativ anstellen“, so Schulze. Wenn Sie, obwohl Sie einen Schallschutzantrag gestellt haben, noch immer auf eine ASE warten und nicht wissen, warum Sie noch keine erhalten haben, dann sollten Sie schriftlich beim Flughafen nach dem Grund fragen, sonst warten Sie womöglich noch ewig und gelten als selbst schuld.

ASE prüfen, Rat einholen, schriftlich widersprechen und Nachbesserung verlangen

 

Rat an alle betroffenen Bürger – Die 4 Dinge die Sie tun müssen:

1. Schauen Sie sich ihre Anspruchsermittlungen genau an. Prüfen Sie die angegebenen Maße Ihrer Räume, die Raumnutzungen und angegebenen Materialien insbesondere beim Dach.

2. Suchen Sie, wenn Sie die lose Blattsammlung der ASE die ihnen in den Briefkasten gelegt wurde nicht verstehen, Hilfe bei einer Bürgerinitiative in ihrer Nähe oder bei unabhängigen Sachverständigen, z.B. beim VDGN oder Eigenheimerverband Brandenburg

3. Verlangen Sie schriftlich von der Flughafengesellschaft die Haftung für die Richtigkeit der Planungsleistungen mit denen Sie Baumaßnahmen beauftragen sollen

4. Sobald Sie den geringsten Zweifel an der Richtigkeit der Unterlagen haben, gehen Sie in den Widerspruch, formulieren Sie diesen schriftlich und konkret und schicken Sie eine Kopie an eine der vielen Bürgerinitiativen oder an das Bürgerbüro von Christoph Schulze in 15806 Zossen, Bahnhofstraße 25, Fax 03377/ 30 05 90 oder an CSchulzeMdL@t-online.de.

Nur mit Hilfe Ihrer Widersprüche ist es möglich, im Landtag den Beweis anzutreten, dass es nötig ist, häufig auftretende Probleme durch behördliches Eingreifen für alle davon Betroffenen zu lösen und aufzuzeigen, dass es nicht im Verschulden der Bürger lag, dass sie noch immer ungeschützt sind, sondern am unkooperativen und kostensparenden Verhalten des Flughafens. Der benimmt sich in Sachen Schallschutz bisher leider nicht wie ein Guter Nachbar.

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